Fastenzeit Neuer Schwung durch Verzicht

Zeitweilig auf Nahrung verzichten zu können, war im Lauf seiner Geschichte für den Menschen überlebensnotwendig. Auch aus religiösen Gründen wurde das bewusste Fasten von Generation zu Generation weitergegeben: in der christlichen Tradition vor allem von Aschermittwoch bis Ostern.

 Die Fastenzeit ist für viele Menschen eine Herausforderung – aber eine, die sich besonders für die Gesundheit lohnt. FOTO: GETTY/PETERMEIR

Die Fastenzeit ist für viele Menschen eine Herausforderung – aber eine, die sich besonders für die Gesundheit lohnt. FOTO: GETTY/PETERMEIR

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Verliert heutzutage der religiöse Aspekt mehr und mehr an Bedeutung, erlebt das Fasten aus einem gesundheitlichen Motiv heraus neuen Aufschwung.

Schon die heilkundige Hildegard von Bingen im Mittelalter wusste von körperlichen, aber vor allem auch spirituellem Nutzen des Fastens und empfahl, sich dazu sechs bis zehn Tage ausschließlich mit einer Fastensuppe und Fencheltee zu ernähren und dazu Einläufe, Leberwickel sowie meditative Übungen durchzuführen. Die modernere Fastenbewegung wurde von dem Pionier Dr. Otto Bu᠆chinger geprägt, auf den der Begriff des „Heilfastens“ zurückgeht. In seiner Klinik behandelte er mit der Fastentherapie erkrankte Personen, die über mindestens zwei Wochen auf feste Nahrung verzichteten und dann langsam wieder in eine vollwertige Ernährung einstiegen.

Seit vielen Jahren hilft Dr. Françoise Wilhelmi de Toledo Menschen in ihrer Klinik in Überlingen beim Heilfasten: „Viele Patienten und Gäste, die zum ersten Mal kommen, wollen zunächst abnehmen“, berichtet sie. „Dann entdecken sie, dass ihre Blutwerte besser werden, Schmerzen nachlassen, dass innere Ruhe einkehrt und sie ihr Leben reflektieren können.“ Auch die Wissenschaft belegt eine Vielzahl an positiven Effekten auf körperlicher sowie psychischer Ebene. Demnach profitieren nicht nur erkrankte Personen von dem zeitweiligen Nahrungsverzicht, vielmehr könne richtig Fasten auch für Gesunde eine Möglichkeit zur Erhaltung beziehungsweise Verbesserung des eigenen Wohlbefindens darstellen. Wilhelmi de Toledo: „Man gibt sich durch das Fasten neuen Schwung.“

Der körpereigene Stoffwechsel schalte aufgrund des Nahrungsentzugs auf die „Ernährung von innen“ um, so Internist Dr. Hellmut Lützner, und schöpfe Energie aus den körpereigenen Reserven, so dass Niere, Lunge, Haut, Darm und Leber vermehrt angeregt werden. Die Vertreter des Heilfastens sprechen hier von „Reinigung, Regeneration und Heilung“ des Körpers. Inzwischen weisen Studien nach, dass eine Beschränkung der Nahrungsaufnahme auf etwa 800 Kilokalorien am Tag für mehrere Wochen das gesundheitsschädliche Leberfett völlig verschwinden lässt. Das Heilfasten wird heute bei verschiedenen Krankheitsbildern erfolgreich eingesetzt, darunter Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes oder Gicht, die durch das Ernährungsverhalten beeinflussbar sind, aber auch Herz- und Gefäßkrankheiten sowie chronisch entzündliche Erkrankungen und auch psychosomatische Störungen und Erschöpfungszustände. Und viele berichten, dass die Fastenerfahrung für sie der Einstieg in neue, gesündere Ernährungs-, Lebensstil- beziehungsweise Verhaltensmuster war.

Allerdings gibt es Personengruppen, die in bestimmten Lebensphasen, aus körperlichen oder psychischen Gründen, der regelmäßigen Nahrungsaufnahme treu bleiben sollten. Dazu zählen beispielsweise Untergewicht und schwere Organerkrankungen. Aber auch Schwangere, Stillende sowie Kinder und Jugendliche sollten nicht auf die regelmäßigen Mahlzeiten verzichten. Leidet man unter Erkrankungen, ist eine medizinische Betreuung empfehlenswert, aber auch gesunde Personen profitieren von der Begleitung durch erfahrene Anleiter, zumindest beim ersten Mal.⋌ ldb

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