Interview mit Arif Ünal "Ausländerbehörden sollen Service-Zentren werden"

Erstmals gibt es im NRW-Landtag einen Integrationsausschuss. Mit dem Vorsitzenden Arif Ünal (Grüne) sprach Bernd Eyermann.

 "Gelungen ist Integration dann, wenn ein Klima geschaffen ist, in dem sich alle Migranten willkommen fühlen", sagt Arif Ünal. Repro: GA

"Gelungen ist Integration dann, wenn ein Klima geschaffen ist, in dem sich alle Migranten willkommen fühlen", sagt Arif Ünal. Repro: GA

Was haben Sie sich vorgenommen?
Ünal: Wir bauen darauf auf, was wir in der Zeit der Minderheitsregierung initiiert haben. Da haben wir den islamischen Religionsunterricht auf den Weg gebracht und das Teilhabe- und Integrationsgesetz verabschiedet. Unser Ziel ist es, die Kommunen bei der Integration zu unterstützen, denn die findet vor Ort statt.

Was meinen Sie konkret?
Ünal: Alle 54 Kreise und kreisfreien Städte sollen je ein Integrationszentrum bekommen mit fünfeinhalb Stellen. Bisher gab es landesweit 26 regionale Arbeitsstellen für Kinder und Jugendliche mit Migrationshintergrund. Das heißt, allein damit verdoppeln wir die Integrationsanstrengungen im schulischen Bereich. Außerdem unterstützen wir die Kooperation mit den Migrantenselbsthilfeorganisationen. Dort ist viel Potenzial vorhanden.

Können Sie ein Beispiel nennen?
Ünal: Wir haben allein in NRW 146.000 Unternehmer mit Migrationshintergrund, die rund 300.000 Mitarbeiter beschäftigen, Millionen-Investitionen tätigen und 15 Prozent der Ausbildungsplätze im Land zur Verfügung stellen. Darüber hinaus haben wir sehr viele Studierende und Akademiker. Wir wollen mehr Ressourcen-orientierte statt defizit-orientierter Integrationspolitik machen.

Sie haben kritisiert, dass nur 26 Prozent aller ausländischen Studierenden in Deutschland bleiben, über 70 Prozent aber in ihre Heimatländer zurückgehen.
Ünal: Das ist vor dem Hintergrund des Fachkräftemangels nicht gut. Wir investieren in diese Menschen jahrelang, aber wir lassen sie wieder gehen. Es wäre klüger, diese Kompetenzen hier einzusetzen, wenn sie dies wünschen.

Was kann getan werden?
Ünal: Wir müssen die Regelung abschaffen, dass die Studenten nach ihrem Abschluss nur ein Jahr Zeit haben, eine Arbeit zu finden und gutes Geld zu verdienen. Ein Berufseinsteiger kann diese Voraussetzung gar nicht erfüllen. Migranten müssten zwei oder drei Jahre Zeit und andere Erleichterungen bekommen.

Immer wieder gibt es Kritik an den Ausländerbehörden.
Ünal: Zu recht. Wir erleben doch, dass manche Ausländerbehörde lockerer mit den Vorgaben umgeht, während eine andere den Menschen derart Schwierigkeiten macht, dass sie ihre Anträge auf Einbürgerung zurückziehen. Das darf nicht sein. Ausländerbehörden wollen wir in Service-Zentren umwandeln, damit sie für die Menschen da sind, nicht zur Abschreckung der Menschen.

Wie stellen Sie sich eine gelungene Integration vor?
Ünal: Gelungen ist sie dann, wenn ein Klima geschaffen ist, in dem sich alle Migranten willkommen fühlen. Und, wenn die Einbürgerung erleichtert ist, so dass sie auf Dauer hier bleiben können. Wir wollen in NRW einen Paradigmenwechsel schaffen und sagen, sie sind ein Teil dieser Gesellschaft, und wir wollen unser Land gemeinsam entwickeln. Wir wollen, dass niemand wegen seiner Herkunft, seines Aussehens und Glaubens diskriminiert wird. Dieses Gefühl müssen wir geben.

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