Wie das digitale Zeitalter alle Generationen erfasst Zweifingerzoom auf Papier und das Warten auf die Zeitlupe

Bonn · Doppeltipper auf den Notizblock aus Papier, Zweifingerzoom beim gedruckten Foto - das digitale Zeitalter führt zu allerlei Verwirrung. Und der aktuell jüngsten Generation muss das Konzept "Papier" erst mal nähergebracht werden.

Echte „Digital Natives“ finden sich in der heutigen Kindergeneration.

Echte „Digital Natives“ finden sich in der heutigen Kindergeneration.

Foto: dpa

Angehörige der sogenannten „Generation Z“, also der Jahrgänge ab 1995 aufwärts, bezeichnen sich ja gern als „digital natives“, also Menschen, die mit Digitaltechnologien aufgewachsen sind und diese nicht, wie die älteren Generationen, erst mal kennenlernen mussten. Meine „Generation Y“, also die Millenials, empfindet dann oft irgendwas zwischen Scham und Trotz, weil wir etwas behäbiger mit „Pong“, Tamagotchi und Commodore ins digitale Zeitalter aufbrachen und Handy und Internet in unserer Kindheit nicht allgegenwärtig waren. Generationen, die vor 1981 geboren wurden, können darüber nur müde lächeln.

Wer allerdings echte Digital Natives in freier Wildbahn beobachten möchte, dem sei geraten, sich heutigen Kindern zuzuwenden. Die heißen, der Vollständigkeit halber, Generation Alpha, und das passt, denn was den Umgang mit moderner Technologie angeht, ist schon mein Siebenjähriger das unangefochtene Alphatier in unserem Haushalt. Mit unerreichter Lässigkeit navigiert sich dieser Erstklässler, der gefühlt vorgestern noch Windeln trug, durch mein (!) Telefon und Tablet, nimmt Fotos und Videos auf, die er dann gekonnt zusammenfügt und mit Musik und Text unterlegt. Mangelnde Kreativität und sturen Konsum kann man ihm wahrlich nicht vorwerfen. Die Schattenseite: Meine Passwörter und PINs sind längst keine Hürde mehr für ihn. Der Sprachassistentin „Alexa“ hat er kurzerhand sein eigenes Stimmprofil hinzugefügt, damit sie auch auf ihn hört. Ein offenbar verbreitetes Muster, berichtete doch eine Bekannte entsetzt, dass ihre fünfjährige Tochter kürzlich über eben diese virtuelle Helferin einen künstlichen Weihnachtsbaum bestellt habe - im Februar.

Dass aber nicht nur die ganz junge Generation die digitale Welt verinnerlicht hat, wird mir immer dann klar, wenn ich mal wieder gedankenverloren mit dem Zeigefinger auf meinen (analogen) Notizblock doppeltippe, als müsste ich seinen Bildschirm zum Leben erwecken. Richtig peinlich wird es, wenn man gedruckte Bilder mit dem Zweifingerzoom zu vergrößern versucht. Und ein Kollege berichtete kürzlich kleinlaut, beim Besuch eines Basketballspiels nach einem Spielzug vergeblich auf die Zeitlupe gewartet zu haben. So verloren wird sich wohl sonst nur mein Sohn fühlen, wenn er, sagen wir, eine Tageszeitung in der Hand hält...

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