Computer Der smarte Google-Assistent will in Zukunft überall sein

Mountain View · Google erhebt den Anspruch auf die Führungsrolle in der vernetzten Zukunft. Der Konzern verknüpft gigantische selbstlernende Computer mit dem seinem Datenschatz und der Fähigkeit, natürliche Sprache zu verstehen. Die Konkurrenz darf sich warm anziehen.

Im Haushalt soll Googles sprechender Assistent in einem kleinen weißen Lautsprecher wohnen.

Im Haushalt soll Googles sprechender Assistent in einem kleinen weißen Lautsprecher wohnen.

Foto: Google

Wie nutzen Sie Google? So wie schon immer, indem man Worte in den Suchschlitz tippt? Für die Zukunft hat Google einen anderen Plan.

Der Internet-Pionier will nicht mehr eine Suchmaschine sein, sondern ein persönlicher Assistent, dem man mit gesprochenen Worten eine Frage stellt oder einen Auftrag erteilt. Egal, worum es geht: Wissensfragen, Termine, Einkaufslisten, Reisepläne - alles soll im Dialog mit Google geklärt werden können.

Damit bestätigt der Internet-Gigant die Richtung, die auch seine großen Rivalen Facebook, Amazon, Apple und Microsoft eingeschlagen haben. Und könnte den Konkurrenten extrem gefährlich werden: Denn die Macht der künstlichen Intelligenz im Maschinen-Gehirn von Google gepaart mit zwei Jahrzehnten Erfahrung bei der Internet-Suche ist nicht zu unterschätzen. "Heute verstehen wir eine Milliarde Begriffe: Leute, Orte und Dinge in ihrem Verhältnis zur reelen Welt", sagt Google-Chef Sundar Pichai, und das ist keine leere Prahlerei. Dazu kommt die über Jahre perfektionierte Fähigkeit, nicht nur den Klang menschlicher Sprache zu verstehen, sondern auch den Inhalt richtig zu interpretieren.

Im Haushalt soll Googles sprechender Assistent in einem einen kleinen weißen Lautsprecher wohnen. Das Gerät mit dem Namen Google Home hört aufs Wort, spielt die gewünschte Musik ab - soll aber im Grunde auch jede Frage beantworten, die einem so einfallen kann. Und Schnittstellen zu allen möglichen Geräten und Diensten sollen das Gerät zur universellen Schaltzentrale fürs Leben machen.

Die Visionen der Großen Technologie-Konzerne liegen ganz nah beieinander. Amazon hat mit dem Lautsprecher "Echo", von dem laut einigen Schätzungen bereits drei Millionen Geräte verkauft wurden, eine ähnliche Plattform aufgebaut. Facebook setzt auch massiv auf künstliche Intelligenz und Gründer Mark Zuckerberg will persönlich einen Assistenten für sein Zuhause programmieren. Apple macht über die Schnittstellen der "HomeKit"-Plattform Hausgeräte über die sprechende Siri per iPhone steuerbar.

Kann Google seine Stärken in dieser neuen Welt zusammenbringen und mehr erreichen als die Konkurrenz? Und welche Folgen hätte der Wandel für das Geschäftsmodell von Google? Schließlich verdient der Konzern sein Geld nach wie vor den Großteil des Geldes mit Anzeigen im Umfeld der Internet-Suche. "Wir machen uns über so etwas keine Gedanken", versichert Pichai. Man wolle zunächst einmal nützlich für die Nutzer sein, und Geschäftsmöglichkeiten würden sich dann schon ergeben.

Pichai selbst sprach zur Eröffnung der Entwicklerkonferenz Google I/O von einem Wendepunkt für den Konzern. Die Google-Dienste sollen viel nützlicher werden und schneller die richtigen Informationen für den aktuellen Moment liefern. Schon heute liefert beispielsweise eine Google-Suche nach Beyoncé nicht nur Links zur Homepage der Sängerin, sondern führt im "Knowledge Graph" die wichtigsten biografischen Daten der 34-Jährigen, eine Liste der populärsten Songs und die anstehenden Konzerte auf. Künftig wird Google Home diese Informationen auch auf Nachfrage ausgeben.

Dieses neue Gesicht der Internet-Suche könnte mit der Zeit auch die Wettbewerbshüter vor eine veränderte Situation stellen. Wenn es darum geht, direkte Antworten statt eine Auswahl an Internet-Links zu liefern, wie kommen Wettbewerber von Google-Diensten in diese Gleichung rein? Diverse Konkurrenten beschwerten sich schon lange, dass ihre Angebote in der Google-Suchmaschine zugunsten hauseigener Services benachteiligt würden - und zumindest die EU-Kommission sieht an manchen Stellen Anhaltspunkte dafür.

An einer anderen Stelle könnte Google wiederum für eine Belebung des Wettbewerbs sorgen. Die mobile Kommunikation via Messenger ist zumindest in der westlichen Welt fest in der Hand des Facebook-Konzerns. Der zu Facebook gehörende Dienst WhatsApp hat rund eine Milliarde aktive Nutzer, der Facebook Messenger noch einmal 900 Millionen. Google spielt trotz der zahlenmäßigen Dominanz im Smartphone-Markt beim Messaging nur eine untergeordnete Rolle - auch weil es auf Android-Smartphones keine überzeugenden Standard-Apps wie iMessage und Facetime auf dem iPhone gab. Das soll sich nun ändern.

Mit Allo führt Google einen WhatsApp-Klon ein, der über eine aufgeräumt wirkende Oberfläche verfügt und einige Design-Spielereien erlaubt. Außerdem will Google auch hier die künstliche Intelligenz seiner Systeme ausspielen und den Usern beim schnellen Antworten in einem Chat hilfreich zur Seite spielen.

Ob die Anwender aber ein vom Google-Bot vorgeschlagenes Katzenbild süß oder eher gruselig finden, wird sich noch herausstellen. Und die Videochat-App Duo ahmt - nicht nur beim App-Logo - unverhohlen Facetime von Apple nach, bietet aber mit einer neuartigen Anklopf-Funktion im Vergleich zum Vorbild durchaus neue Ansätze. Der Angerufene kann dabei schon vor Annahme des Videotelefonats einen Blick auf den Anrufer werfen. Und da die beiden Dienste nicht nur für Android-Geräte, sondern auch für iPhone und iPad angeboten werden, darf auch Apple sich nicht länger auf dem Erreichten ausruhen.

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