Rhein-Sieg-Kreis Eichenprozessionsspinner: Wälder in der Region teils gesperrt

Rhein-Sieg-Kreis · Der Eichenprozessionsspinner ist mittlerweile das ganze Jahr durch aktiv, denn die abgeworfenen Häutungsreste im Laub bleiben Experten zufolge zehn Jahre aktiv – und schädlich für den Menschen. In der Region sind daher bereits jetzt Bereiche im Wald gesperrt.

 Wegen der Eichenprozessionsspinner sind jetzt schon Bereiche im Wald wie hier auf dem Niederberg gesperrt.

Wegen der Eichenprozessionsspinner sind jetzt schon Bereiche im Wald wie hier auf dem Niederberg gesperrt.

Foto: Dylan Cem Akalin

Fachleute warnen ungewöhnlich früh vor dem Eichenprozessionsspinner (EPS). Im Birlinghovener Wald sind schon Bereiche abgesperrt, Bänder warnen, die Raupen und Nester nicht zu berühren. Das Problem seien zurzeit weniger die aktiven Raupen als vielmehr die Häutungsreste im Laub auf dem Waldboden, sagt Mathias Niesar. Der Leiter des Teams Wald- und Klimaschutz im Zentrum für Wald und Holzwirtschaft von Wald und Holz NRW in Gummersbach hat schon von Fällen erfahren, wo Kinder durchs Laub gestreunt sind, die Blätter und damit die von den Raupen abgeworfene Haut mit den Brennhaaren aufgewirbelt haben. Diese mit Widerhaken versehenen Härchen enthalten ein Nesselgift, das bis zu zehn Jahre aktiv bleiben kann, so der Experte.

Normalerweise sind die Raupen erst aktiv, wenn die Eichen beginnen zu grünen. Der Eichenprozessionsspinner ist ein unauffällig-grauer Nachtfalter, den man Ende Juli bis Anfang September beobachten kann. Im August legen die Weibchen bis zu 150 Eier im oberen Kronenbereich von Eichen ab. Die Embryos überdauern den Winter in den Eiern. Sobald es warm wird, schlüpfen die Raupen aus dem Ei. Bis sie zum Falter werden, müssen sie fünf bis sechs Larvenstadien von jeweils etwa zehn Tagen durchlaufen.

Hohle Stifte mit Gift

Für den Menschen gefährlich wird es ab dem dritten Larvenstadium, weil sie dann die Brennhaare entwickeln. Die Brennhaare sind wie innen hohle Stifte, in denen sich das Eiweißgift Thaumetopoein befindet und allergische Reaktionen auslöst. Das können Hautirritationen oder Augenreizungen sein, aber auch Fieber, Schwindel, Atembeschwerden bis zum allergischen Schock. Deshalb solle man Abstand halten, raten die Experten.

Weil die Raupen die Wärme lieben, kommen sie bevorzugt an Waldrändern oder in Einzelbäumen vor, die in der Sonne stehen. Lichte Eichen-Hainbuchenwälder und Eichen-Kiefernwälder gehören zu ihren Lieblingsorten. Den Bäumen schaden sie, weil die Raupen die frisch ausgetriebenen Blätter abfressen. Die Raupen leben in Familienverbänden und wandern nachts gemeinsam den Baumstamm entlang, was ihnen den Namen gegeben hat.

Biologische Bekämpfungsmethode

Niesar hat mit dem Zentrum für Wald und Holzwirtschaft alternative biologische Bekämpfungsmethoden gegen den Eichenprozessionsspinner untersucht. In einigen Gebieten Deutschlands werden zum Beispiel verstärkt Meisennistkästen angebracht, weil sie als natürliche Fressfeinde der EPS-Raupen gelten. Indes war ein Versuch, der 2020 in Recklinghausen durchgeführt wurde, nicht von Erfolg gekrönt. „Das hat überhaupt nichts gebracht“, berichtet Niesar. „Offenbar haben die Meisen auch negative Erfahrungen gemacht. Nach unseren Erfahrungen haben sie jedenfalls nur andere Raupen an ihren Nachwuchs verfüttert.“ Die These, dass Meisen während ihrer Brutaufzucht die Population von Eichenprozessionsspinnerraupen dezimieren können, könne man somit leider nicht bestätigen. Der Kuckuck und der Wiedehopf würden dagegen die Raupen verspeisen, aber deren Bestände seien viel zu gering, als dass sie die Population der Schädlinge ernsthaft eingrenzen könnten.

Erfolgversprechender sei dagegen die Anwendung eines biotechnischen Verfahrens mit Sexuallockstoffen. Bei dieser sogenannten Verwirrmethode werden so viele Pheromone ausgesetzt, dass die Männchen ihre potenziellen Sexualpartnerinnen nicht finden können. In einem ersten Versuch habe man die Lockstoffe engmaschig auf Baumkronen geschossen und recht gute Ergebnisse erzielt. „Die Verwirrmethode funktioniert nur in der Latenzphase“, so Niesar, also kurz vor der Massenvermehrung. Und zuvor müssten viele Nester in einem betroffenen Gebiet abgesaugt werden, dann könnte man die Lockstoffe von Hubschraubern aus weitflächig aussprühen. Man wolle das aber noch über einen längeren Zeitraum untersuchen.

Auf keinen Fall sollten Privatleute, die solche Nester auf Bäumen ihrer Grundstücke entdecken, selbst tätig werden. „Davon sollte man die Finger lassen, das ist eine Aufgabe für Profis“, so der Experte. Als erstes sollte man auf jeden Fall das örtliche Ordnungsamt benachrichtigen.

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