Heinz Stirken: "Wir werden die Verständigung vertiefen"

Geschäftsführer sieht Haus Schlesien nach drei Jahrzehnten weiter auf gutem Weg - Einrichtung bietet Schulen authentisches Anschauungsmaterial für Geschichtsunterricht

Heinz Stirken: "Wir werden die Verständigung vertiefen"
Foto: Holger Handt

Heisterbacherrott. Haus Schlesien in Heisterbacherrott besteht in diesen Tagen 30 Jahre. Gefeiert wurde das Jubiläum kürzlich beim Sommerfest. Das Kultur- und Tagungszentrum steht vor vielfältigen Herausforderungen. Zu seinen Zukunftsperspektiven äußerte sich Geschäftsführer Heinz Stirken. Ihn befragte Uta Effern-Salhoub.

General-Anzeiger: 30 Jahre Haus Schlesien. Wie geht es dem Geburtstagskind?

Heinz Stirken: Haus Schlesien kann voller Stolz auf das von Schlesiern und ihren Freunden Geschaffene zurückblicken. Das Haus strahlt zum Geburtstag in vollem Glanz. Natürlich hat es in in den letzten Jahren finanzielle Höhen und Tiefen gegeben. Aufs Ganze gesehen ist Haus Schlesien aber in allen Bereichen gut aufgestellt.

In der letzten Mitgliederversammlung wurde dem Vorstand und insbesondere dem Präsidenten Reinhard Blaschke auf breiter Basis für das Geleistete hohe Anerkennung gezollt. Vakante Stellen im Vorstand wurden mit erfahrenen Persönlichkeiten besetzt. Durch die Neubesetzung ist nach der Erlebnisgeneration jetzt auch die Bekennergeneration in den Vorstand des Haus Schlesien eingezogen.

GA: Der Trägerverein des Hauses ist nun 35 Jahre alt. Was hat er sich für die nächsten Jahrzehnte vorgenommen?

Stirken: Wir müssen vor allem daran arbeiten, Haus Schlesien wirtschaftlich auf ein sicheres Fundament zu stellen. Ein Schwerpunkt liegt beim Mitgliederbestand. Wir wollen erreichen, dass sich Abgänge und Neuzugänge die Waage halten. Damit befasst sich zurzeit eine Arbeitsgruppe unter dem Vorstandsmitglied Sebastian Graf Hatzfeldt. Eine Kernaufgabe ist die Pflege und der Erhalt der schlesischen Kulturwerte.

Wir werden in den nächsten Jahren die hohe Qualität unseres Museums für schlesische Landeskunde festigen und ausbauen und seinen guten Ruf weit über den Bonner Raum hinaus verbreiten. Mit besonderem Engagement werden wir die Verständigung mit unseren osteuropäischen Nachbarvölkern fortführen und weiter vertiefen, besonders mit denen, in deren politischen Grenzen Schlesien sich heute befindet.

GA: 1978 erwarb der Verein von der Stadt Königswinter den nahezu verfallenen Fronhof und machte daraus ein Schmuckstück. Wie ist es heute um die Beziehung zu Königswinter und seinen Bürgern bestellt?

Stirken: Der Kontakt und die persönlichen Beziehungen zu den politischen Mandatsträgern und zur gesamten Verwaltung der Stadt Königswinter sind genau so gut wie die zu den direkten Nachbarn in Heisterbacherrott. Nehmen wir als Beispiel den Kindergarten gegenüber dem Haus Schlesien.

Unsere Küche liefert das Mittagessen und in den Ferienfreizeiten zählen die Kinder zu unseren Mittagsgästen. Unser Museum pflegt seit vielen Jahren engen Kontakt zu den Museen und Kultureinrichtungen der Siebengebirgsregion. Erfahrungsaustausch, gemeinsame Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit und Aktivitäten zur Einbindung der Schulen sind nur ein Teil unserer Kooperationsarbeit.

GA: Sie sind nun seit neun Monaten Geschäftsführer im Haus Schlesien. Was war das beeindruckendste Erlebnis in dieser Zeit?

Stirken: Ein Schlüsselerlebnis war für mich die Erfahrung, dass die jungen polnischen und tschechischen Germanistikstudenten aus Schlesien voller Überzeugung zu mir sagten, dass sie sich diesem Land und seiner Geschichte sehr verbunden fühlen. Dies zeigt mir, dass wir gerade in unseren verständigungspolitischen Seminaren nicht nachlassen dürfen, die guten Kontakte und Gespräche weiterzuführen.

Wir appellieren an die Politik, die Mittel dafür nicht zu kürzen, sondern sie zu erhöhen, denn diese Investition fördert die Völkerverständigung. Gerade die jungen Germanistikstudenten und die Damen und Herren des Lehrerkollegs Oppeln und ihre Kommilitonen und Kollegen aus anderen Städten sind wichtige Multiplikatoren.

GA: Wo sehen Sie für die Zukunft die größten Herausforderungen für Haus Schlesien und seinen Trägerverein?

Stirken: Eine der Herausforderungen ist, die Mitgliederzahl stabil zu halten. Eine andere liegt darin, die Attraktivität als Kultur- und Begegnungsstätte auszubauen. Hier gilt es, immer wieder neue Ideen zu entwickeln, damit wir wahrgenommen werden. Unser "Schaufenster Schlesien" leistet hierzu einen wesentlichen Beitrag. Natürlich müssen wir immer wieder die Politik an die Pflicht erinnern, die der Gesetzgeber im Paragraph 96 des Bundesvertriebenengesetzes niedergelegt hat.

Da nun im Unterricht auch "Flucht und Vertreibung" und deren politische Hintergründe behandelt werden, können wir den Lehrern in NRW mit authentischem Quellen- und Anschauungsmaterial Hilfestellung leisten.

Wir werden nicht nachlassen im Bemühen, das Interesse an Schlesien und seinem reichen Beitrag zur deutschen und europäischen Kultur wach zu halten und neu zu wecken. Davon zeugt gerade wieder unsere neue Ausstellung über den aus Schlesien stammenden Architekten Carl Gotthard Langhans. Wir sind das einzige Museum in Deutschland, das den Erbauer des Brandenburger Tores anlässlich seines 200. Todestages mit einer Würdigung seines Gesamtwerks ehrt.

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