Interview mit Urban Priol "Ich bin ein wandelndes Update"

Hawaihemd-Träger Urban Priol kommt am Donnerstag, 5. Februar, um 20 Uhr mit seinem Programm "Jetzt" in die Beethovenhalle. Mit dem Kabarettisten sprach Ebba Hagenberg-Miliu.

 Urban Priol tritt am 5. Februar in der Beethovenhalle auf.

Urban Priol tritt am 5. Februar in der Beethovenhalle auf.

Foto: dpa

Hätte ich Sie jetzt eigentlich mit "Nastrovje" begrüßen müssen?
Urban Priol: Man weiß es nicht so. Sagt man nun "Guten Morgen", "Grüß Gott", oder steht der Russe schon vor der Tür? Wenn man den hysterischen Meldungen glaubt, zieht er ja gerade in Thüringen die Mauer wieder hoch. Das war ja einer der Hypes 2014...

Und was waren für Sie die Höhepunkte 2014?
Priol: Eindeutig die Trilogie des Schwachsinns der CSU. Es ging los mit dem Angstschüren, dass die Rumänen und Bulgaren donauaufwärts schwimmen und unsere Sozialsysteme fluten. Das tun sie ja auch - mit ihren Beiträgen, die sie in die Kassen einzahlen.

Was aber nicht gesagt wird...
Priol: Eben. So entstehen dann Bewegungen wie Pegida. Das Zweite ist Dobrindt, der immer noch an seiner komischen Maut festhält und die geschickterweise jetzt Infrastrukturabgabe nennt. Weshalb die Kanzlerin auch fein raus ist, weil sie ja nur gesagt hat: Mit mir wird's keine Maut geben. Damit hat unser unbeflecktes Verhängnis wieder mit nichts was zu tun.

Und der dritte CSU-Höhepunkt?
Priol: Die Sprachpolizei. Herrlich.

Da hätten Sie eigentlich vorher drauf kommen können?
Priol: (lacht) Eigentlich ja. Ich stelle mir das vor, wie das abläuft, weil ja zu Hause in Bayern generell kein deutsch gesprochen wird.

Sie kommen ja daher...
Priol: Ja, schon, aber mit Fluchtmöglichkeiten von nur sieben Kilometern. Dann bin ich in Hessen. Obwohl, da ist ja der Bouffier. Man ist umzingelt. Ein weiterer Höhepunkt war die Vorstellung des Enthüllungsbuchs vom Dicken, vom Kohl. Wie er seine Parteifreunde benannt hat, was wir damals alles auch schon wussten. Und dann natürlich die hervorragende Pannenserie der Bundeswehr, die dreißig Jahre, nachdem wir im Bonner Hofgarten die Fahnen für mehr Abrüstung geschwungen haben, unsere Aufgabe selbst erfüllt.

Das hätten Sie sich damals nicht gedacht?
Priol: Wenn ich auf der Hofgartenwiese gesagt hätte, hört mal, lasst denen noch ein paar Jahre Zeit, das erledigen die selbst, das hätte niemand geglaubt.

Wie arbeiten Sie eigentlich, um topaktuell zu sein?
Priol: Ich bin ein wandelndes Update. Es geht los mit einer Stunde Morgenmagazin, dann bin ich schon mal in Wallung. Weil da in morgenfreundlichen Interviews nicht nachgehakt wird. Dann lese ich meine drei vier Zeitungen quer und surfe im Internet. Und um 14 Uhr geht's meistens schon zum Auftritt. Da gucke ich, wo ich das Aktuelle wieder reinbringe. Ich habe mein Skript nur zur Unterstützung. Wenn ich auf der Bühne was suchen müsste, wäre ich verloren.

Wie bleiben Sie für Ihren Programmmarathon fit?
Priol: Viel Wasser trinken. Dann marschiere ich eine Stunde am Tag stramm. Und dann ist abends die Bühne mein Fitnessstudio, wenn ich da oben rumhopse. Das erspart mir auch die Therapiestunden. Eine gelungene Kombination.

Sie haben 2007 die Kabarettkultur ins ZDF gebracht. Schauen Sie gerne zurück auf "Neues aus der Anstalt"?
Priol: Das war ne tolle Zeit. Es haben sich viele Freundschaften gebildet. Mit Georg Schramm, mit Jochen Malmsheimer sowieso, auch mit Frank Markus Barwasser.

Schramm hat sich von der Bühne verabschiedet...
Priol: Ja, da ist er eisern. Er ist jetzt Pensionär. Ich kann's verstehen. Aber ich weiß nicht, ob ich's mal irgendwann können werde.

Noch mal zur Pegida-Bewegung...
Priol: Ach, wir Kabarettisten haben jahrelang gesagt, der Deutsche ist zu faul zu demonstrieren, und dann geht er jetzt gegen das Falsche auf die Straße. Es ärgert mich insofern, dass es absehbar war. Weil wir seit neun Jahren unter einer Haube leben, unter der uns vorgesäuselt wird: Es geht uns allen gut. Und ein Fünftel ging dann überhaupt nicht mehr wählen. Und die kanalisieren jetzt ihre Ängste und marschieren halt bei Pegida mit. Es waren ja früher schon die Mitläufer, die am gefährlichsten waren. Die nichts kapiert haben.

Und die Politik?
Priol: Die ist natürlich ganz dankbar. Die sagt: Guck mal, alles Fremdenfeindlichkeit. Das geht nicht gegen uns. Dann sollten die ihre Märsche also mal gegen die Politik machen und nicht gegen Asylbewerber, die sich angeblich nur in die soziale Hängematte legen.

Allerletzte Frage: Wo kaufen Sie Ihre knallbunten Hemden?
Priol: Die fallen mir zu. Ich gehe nie gezielt los. Ich sehe ein Hemd und sag: Na gut, dann nehm ich dich mal mit. Ich habe jetzt ausgemistet und ein paar für einen guten Zweck versteigert. Aber eine Schrankhälfte ist noch voll.

Der Eintritt für das Programm "Jetzt" kostet 35,30 beziehungsweise 26,50 Euro. Es findet statt am Donnerstag, 5. Februar, ab 20 Uhr in der Beethovenhalle, Wachsbleiche 16. Karten gibt es in den Bonn-Ticketshops der GA-Zweigstellen.

Zur Person

Urban Priol wurde am 14. Mai 1961 in Aschaffenburg geboren, verlässt als Abiturient 1980 zur Erleichterung der Lehrer das Gymnasium, eröffnet 1988 seine erste Kleinkunstbühne. 2004 startet er mit der 3sat-TV-Sendung "alles muss raus" die Karriere. Von 2007 bis 2013 setzt er im ZDF mit "Neues aus der Anstalt" Zeichen. "Ein Fall fürs All" mit dem Kollegen Alfons ist im Probelauf.

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