Kölnmesse-Geschäftsführer Gerald Böse: "2009 nicht ohne Blessuren"

Mit Kongressen will die Kölnmesse dem neuen Bonner Veranstaltungszentrum Konkurrenz machen

Kölnmesse-Geschäftsführer Gerald Böse: "2009 nicht ohne Blessuren"
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Die Kölner Messe will trotz Finanzkrise bis zum Jahr 2012 wieder Gewinne erwirtschaften. Mit Geschäftsführer Gerald Böse sprach Delphine Sachsenröder.

General-Anzeiger: Durch den Skandal um die Sparkasse KölnBonn macht die Domstadt wieder einmal mit Klüngel und Affären Schlagzeilen. Beschädigt das auch das Image der Messe?

Böse: Es stört mich gewaltig, dass bundesweit der Eindruck erzeugt wird, in Köln sei Korruption an der Tagesordnung. Ich wünsche mir von allen Multiplikatoren in dieser Stadt, insbesondere aus Politik und Wirtschaft, dass wieder die positiven Standortfaktoren ins Blickfeld gerückt werden.

GA: Die Kölnmesse veranstaltet auch Kongresse. Ist das neue Kongresszentrum des WCCB, das in Bonn entsteht, für Sie in diesem Feld eine Konkurrenz?

Böse: Ich finde es mutig, in Bonn ein Kongresszentrum in dieser Größe zu bauen. Unser Vorteil ist, dass wir die Messehallen direkt an unsere Kongresszentren angegliedert haben. Wenn die Stadt Köln die Kongress-Räumlichkeiten hier ausbauen will, würden wir das begrüßen. Eine Volumen für etwa 3 000 Personen wäre die richtige Größe für den Standort Köln. Wir sehen Bedarf und Nachfrage, aber über den Bau muss die Politik entscheiden. Eine Kombination von Messen in Köln und zugehörigen Kongressen in Bonn kann ich mir nicht vorstellen, weil die Leute die Entfernung nicht zurücklegen wollen. Zur PersonGerald Böse leitet seit März 2008 die Kölnmesse. Vorgänger Jochen Witt hatte die Gesellschaft nach einem Streit mit der Stadt Köln um die Finanzierung der neuen Hallen verlassen. Böse war vor seinem Wechsel nach Köln Chef der Karlsruher Messe. Der 47-jährige Betriebswirt hat außerdem 13 Jahre bei dem Düsseldorfer Modemesse-Veranstalter Igedo gearbeitet. (sd)GA: Wegen der Wirtschaftskrise werden die Messen nach Einschätzung von Experten bis zu 30 Prozent ihres Umsatzes einbüßen. Mit welcher Entwicklung rechnen Sie in Köln?

Böse: In Köln haben wir viele Konsumgütermessen, die in kurzen Abständen stattfinden. Deshalb ist unser Geschäft stark vom Auf und Ab der Konjunktur abhängig. Wir werden nicht ohne Blessuren aus diesem Jahr gehen, aber diese lassen sich heute noch nicht beziffern. Trotzdem sind wir 2009 mit der Möbelmesse und der Internationalen Süßwarenmesse gut gestartet und trotz leichten Besucherrückgangs im Rahmen unserer Erwartungen geblieben. Bei anderen Messen wie der bevorstehenden Interzum für Möbelzulieferer liegen die Anmeldungen sogar über denen im Vorjahr.

GA: Allerdings haben bei der Süßwarenmesse mit Haribo und Wrigley zwei wichtige Branchengrößen 2009 abgesagt.

Böse: Das hat bei diesen beiden Unternehmen individuelle Gründe und nichts mit der Finanzkrise zu tun. Dem Vorschlag von Haribo, die Süßwarenmesse nicht mehr jedes Jahr, sondern alle zwei Jahre stattfinden zu lassen, werden wir allerdings schon im Interesse der ausländischen Teilnehmer und auch der vielen kleineren und mittelständischen Unternehmen nicht folgen.

GA: Bei anderen Unternehmen könnte ein Messebesuch derzeit dagegen am Geld scheitern.

Böse: Auf der Besucherseite wird sich die Krise voraussichtlich weniger auf die Qualität als die Quantität auswirken. Einige Unternehmen schicken weniger Mitarbeiter auf die Messe, die kürzer bleiben. Die KölnmesseIn Köln kamen 2007 rund 3,2 Millionen Besucher zu 68 Messen und Ausstellungen mit 32 000 beteiligten Unternehmen. Die Messegesellschaft hat bei rund 200 Millionen Euro Umsatz einen Verlust von 11,2 Millionen Euro erwirtschaftet. Als Grund gelten vor allem hohe Mietzahlungen für die neuen Nordhallen. Bei der Finanzierung des Baus gab es Kritik an der Vergabepraxis durch die Stadt. (sd)GA: Schaffen Sie es trotzdem, wie geplant ab dem Jahr 2012 wieder schwarze Zahlen zu schreiben?

Böse: Wir sind weiterhin zuversichtlich, unsere Ziele zu erreichen. Wir müssen die weitere Entwicklung verfolgen und unsere Pläne von Quartal zu Quartal dem aktuellen Stand anpassen. Wir setzen große Hoffnung in neue Veranstaltungen. 2009 gibt es in Köln verschiedene Premieren, etwa die Computerspielmesse GamesCom oder die "Car and Sound" für Hifi-Systeme in Autos als Gastmesse eines Fremdveranstalters.

GA: Gibt es weitere Pläne für neue Messen?

Böse: Wir reden erst konkret darüber, wenn die Tinte trocken ist. Interessant für den Standort Köln sind die Themen Medien und Kommunikation sowie Textil und Bekleidung. Mit der Jeansmesse JAM als Gastveranstaltung haben wir an frühere Erfolge in dieser Branche angeknüpft. Wir sind für die Bekleidungsindustrie offensichtlich nach wie vor interessant.

GA: Die Herrenmode-Messe ist vor Jahren nach Düsseldorf abgewandert. Sehen Sie Chancen für eine Rückkehr?

Böse: Es ist absolut bedauerlich, dass die Herrenmode in Deutschland überhaupt keine Plattform mehr hat. Es gibt viele Unternehmen, die gerade im Export sehr erfolgreich sind, aber ihre Kollektionen auf keiner Messe mehr zeigen. Wir sind für Gespräche offen. Wenn Nordrhein-Westfalen gegen Berlin, Mailand und Florenz bestehen will, müssen Köln und Düsseldorf ihre Aktivitäten auch terminlich abstimmen. Dann finden die Besucher während eines Zeitraums ein Angebot an beiden Plätzen.

GA: Die Kölnmesse ist später als ihre Konkurrenten ins Auslandsgeschäft eingestiegen. Haben Sie aufgeholt?

Böse: Ja, wir haben mit heute mehr als 30 Auslandsmessen gut aufgeholt. Wir werden bei den bestehenden Projekten im Ausland auf profitables Wachstum setzen. Das ist derzeit wichtiger, als neue Veranstaltungen ins Leben zu rufen. Die Kölnmesse hat etwa im Bereich der Lebensmittelmessen und in der Umwelttechnologie gute Fortschritte gemacht.

GA: Wie hoch ist das Risiko, dass die Veranstaltungen im Ausland den Messen in Köln Konkurrenz machen?

Böse: Es gibt kein Risiko. Im Gegenteil. Die Besucher und Aussteller erfolgreicher Auslandsmessen kommen oft auch nach Köln, um sich hier - wie etwa bei der Ernährungsmesse Anuga - auch dem Weltmarkt zu präsentieren.

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