Kommentar Ein Papst der alten Zeit

Meinung · Er war ein Konservativer, und ein Bewahrer des Glaubens. Und er war ein Papst, der mit den Entwicklungen der Moderne zunehmend überfordert war. Am Samstag ist Joseph Ratzinger, der als Benedikt XVI. der erste deutsche Papst seit mehr als 500 Jahren war, nach kurzer schwerer Krankheit in Rom verstorben.

 Der emeritierte Papst Benedikt XVI. ist am Samstag verstorben.

Der emeritierte Papst Benedikt XVI. ist am Samstag verstorben.

Foto: dpa/Domenico Stinellis

Rückblickend wird der Theologe wohl immer ein Papst bleiben, an dem sich die Geister scheiden. Seine Jesus-Bücher wurden Bestseller. Die Begeisterung, die in Deutschland gerade in den ersten Jahren seines Pontifikats herrschte, bleibt unübertroffen. Der Kölner Weltjugendtag wurde zu einer einzigen, großen Glaubensparty entlang des Rheinufers. Dass Benedikt XVI. aufrecht für den christlichen Glauben eintrat, und sich bemühte, die ihm liebe und vertraute Kirche durch den Sturm der Zeit zu bringen, wird niemand bestreiten können. Doch Benedikt war auch vom Papstamt überfordert. Oft sah er nicht, wie weitreichend seine Entscheidungen waren: Die Aufhebung der Exkommunikation der Bischöfe der Pius-Brüder ist so ein Beispiel. Obwohl einer von ihnen ein Holocaust-Leugner war, nahm ihn Benedikt in den Schoß der Kirche zurück. In seiner Theologie versäumte es Benedikt zuweilen, neue Entwicklungen zu rezipieren. Die noch als Kardinal veröffentlichte Erklärung „Dominus Jesus“ ist so ein Beispiel: Weil er den Protestanten das Kirche sein absprach, sorgte Benedikt mit diesem Text noch als Kardinal für einen Skandal. Dass der Papst aus Deutschland in seiner Zeit als junger Theologieprofessor ein Reformer war, mit dem Menschen durchaus Hoffnungen verbanden, wirkt im Rückspiegel absurd und fremd.