Auftakt 12. Jazzfest Bonn in der Oper eröffnet

Bonn · Das Michael Wollny Trio und Nils Klein mit dem eos chamber orchestra eröffnen das 12. Jazzfest Bonn in der Oper.

 Die Musik zur Wiedersehensparty bei der Eröffnung des Jazzfestes in der Bonner Oper kam unter anderem vom Michael Wollny Trio mit dem namensgebenden Pianisten.

Die Musik zur Wiedersehensparty bei der Eröffnung des Jazzfestes in der Bonner Oper kam unter anderem vom Michael Wollny Trio mit dem namensgebenden Pianisten.

Foto: Heike Fischer/www.heikefischer-fotografie.de

„Wir freuen uns riesig!“, platzt es aus Michael Wollny nach dem Eingangsmedley heraus. Und aus dem Parkett der Bonner Oper kommt die Erwiderung: „Ich mich auch!“ Gelächter, Applaus. Der Auftakt des 12. Jazzfests Bonn am Sonntagabend glich einer Wiedersehensparty für die Akteure wie für das Publikum. Wollny und sein Trio waren schon für die Festivalpremiere 2020 vorgesehen. Bekanntlich lähmte dann Corona den Kulturbetrieb und nicht nur ihn. 2021 waren Wollny und Co. wieder als Starter vorgesehen. Die Pandemie sprach dagegen. 2022 hat es nun geklappt.

Der smarte Superstar der Jazzpianoszene ist etwas grau geworden. Die wilde Haarpracht ist aber nach wie vor kaum zu bändigen und das Spiel des 43-Jährigen sowieso nicht. Ungestüm und mit vollem Körpereinsatz wie eh und je bearbeitete er seinen Flügel auf den Tasten – mit mal zarten, mal zupackendem Anschlag – und in den Korpus gebeugt zupfend und klopfend. Mit den Fingerspitzen, der ganzen Handfäche und dem Unterarm traktiert er die Klaviatur.

Eos chamber orchestera mit dem Nils Klein Trio

Eos chamber orchestera mit dem Nils Klein Trio

Foto: Heike Fischer/www.heikefischer-fotografie.de

Blindes Verständnis

Seine Stücke sind unfassbar vielseitig und voller Überraschungen: hingetupfte, gleichsam suchende Passagen, Melodiefetzen und perkussive Anwürfe, dann unvermittelt liedhafte, verträumte Sequenzen und immer wieder wahre pianistische Eruptionen: Man weiß eigentlich nie, was in drei, vier Takten passieren wird. Nur: dass es gut sein wird.

Das Berauschende an Wollnys Trio ist, dass da ein blindes Verständnis herrscht, wobei Augenkontakt schon wichtig ist, damit Eric Schaefer passgenau seine Trommeln und Becken streichelt oder wahlweise das Schlagzeug explodieren lässt. Christian Weber, zwischen Schaefer und Wollny positioniert, nimmt alle Impulse auf, verarbeitet sie genial und vor allem unorthodox auf und mit seinem Bass, der ungeahnte Töne und Effekte von sich gibt.

Die drei schlugen einen Bogen vom frühen „Wanderer“ über fantastische Adaptionen von Alban Berg und Paul Hindemith bis zu „Farbenlehre“, eine Wollny-Komposition neueren Datums. Auch Schafer war mit mehreren Kompositionen dabei. Alles, was beim Jazz Spaß macht, die drei brachten es mit großzügiger Geste auf die Bühne: Überraschung, Spannung, Emotion. Am Ende Jubel und Applaus im Stehen und von Wollny ein befreites: „Das hat uns gefehlt!“ Ein idealer Start ins 12. Jazzfest Bonn.

Nils Klein Trio mit dem eos chamber orchestra

Derlei Begeisterung hätte man dem Opener des Abends auch gewünscht. Die an sich sehr delikate und ambitionierte, bisweilen aber recht spröde Begegnung eines modernen Jazztrios mit einem der Klassischen Moderne und Neuen Musik verpflichteten Kammerorchester kam musikalisch nicht so recht vom Fleck. Wann immer der Saxofonist Nils Klein mit seinem Trio und impulsivem, schnellen Spiel Spannung aufbaute, wurde sie von den Streichern vom eos chamber orchestra mit feinem Strich wieder herausgenommen. Jede Attacke von Fabian Arends‘ Schlagzeug parierte Susanne Blumenthals eos-Orchester mit kultiviertem Wohlklang.

Interessante Duette

Wobei das Hauptstück des Konzerts, die opulente mehr als halbstündige Suite „Exploring Objects and Shapes“ von Klein fantastische Momente hatte, die inspirierten Streicher und Bläser immer wieder die Verzahnung mit dem Trio suchten und fanden. Das Duett zwischen dem Fagottisten Ayumi Nemoto Weichert (eos) und dem Saxofon im Mittelteil begeisterte dabei ebenso wie das Zusammenspiel von Christian Webers Bass (Trio) und der Bassistin Carlota Ramos (eos). „Exploring Objects and Shapes“ ist in der Tat eine klangliche Forschungs- und Entdeckungsreise, bei der sich Gemeinsamkeiten und Differenzen herauskristallisieren. Faszinierend etwa, wie es dem Saxofon in Teil zwei gelingt, eos nach einer sehr gefühligen, zarten Ballade mit einem fulminanten Solo aus der Reserve zu locken und zu einem furiosen Abschluss zu treiben.

Gelebte Harmonie zwischen den Klangkörpern dann in den beiden Schlussstücken „Throb“ und besonders in „Perpetual Waves“, in dem eos und das Trio auf einer schönen Welle trieben. Ein kurzes Stück für die Ewigkeit.

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