Bonner Gesellschaft für Kunst und Gestaltung Aus der Tiefe des Raumes

Bonn · Bonner Gesellschaft für Kunst und Gestaltung zeigt die Leo-Breuer-Preisträgerin Nicola Schudy und und den Maler Peter Stohrer.

 Gekippte Architektur: Leo-Breuer-Preisträgerin Nicola Schudy beschäftigt sich mit der Architektur von Haus-Rucker-Co vor dem Kunstverein in der Gesellschaft für Kunst und Gestaltung.

Gekippte Architektur: Leo-Breuer-Preisträgerin Nicola Schudy beschäftigt sich mit der Architektur von Haus-Rucker-Co vor dem Kunstverein in der Gesellschaft für Kunst und Gestaltung.

Foto: Benjamin Westhoff

Leo Breuer, ein rheinischer Konstruktivist mit einem undogmatischen Verhältnis zu Geometrie und Farbe, frankophil, offen, 1893 in Endenich geboren, 1975 in Küdinghoven gestorben, verkörpert eine zentrale Position im Programm der Gesellschaft für Kunst und Gestaltung (gkg). „Ich bin kein Purist. Ich könnte den Konstruktivismus auch trockener machen, aber ich weise das Poetische nicht ab“, meinte er einmal elegant, skizzierte und umschrieb damit die Freiheit, die er für sich beanspruchte. Eine Freiheit, die sich zum Beispiel auch die Leo-Breuer-Preisträger herausnehmen dürfen. Traditionell wird der Förderpreis vom LVR-Landesmuseum Bonn vergeben, werden Preisträgerinnen und Preisträger in der gkg präsentiert. 

Architektur aus Metallstangen

Die aktuelle Preisträgerin, die Kölnerin Nicola Schudy, teilt sich ihren Auftritt mit einem Farbpanorama „Raumzeichen“ des Mülheimers Peter Stohrer (1951-2017). Aus der Tiefe des Raumes entwickelt Schudy eine schräge Architektur aus Metallstangen, wobei die Künstlerin es offenlässt, ob sie einen Innen- oder Außenraum meint. Einige Anhaltspunkte, einfache Zitate dürften den halbwegs sensiblen Zeitgenossen auf die Spur bringen, was Schudy mit ihrer bühnenartigen Installation meinen könnte: Denn wer auf dem Platz vor dem Kunstverein, der gkg und dem Künstlerforum steht und nach oben blickt, erlebt genau so eine Architektur: 1985 baute das österreichische Architektenkollektiv Haus-Rucker-Co die ehemalige Blumenhalle am Hochstadenring zur „Kunsthalle am August-Macke-Platz“ um. Wichtig war den Architekten damals auch der Vorplatz mit einem Traggerüst aus verzinkten Stahlträgern, das Andreas Denk, ehemaliger Vorsitzender der gkg, einmal schön als „ironisch gebrochenes Tempelmotiv als Eingang zur Stätte der Kunst“ bezeichnete.

Diskussion eröffnet

Dass dieser offene Raum heute kaum genutzt wird und wenn, dann nur als Parkplatz, ärgert Schudy. Und nicht nur sie. Ihre Pergola-artige Architektur in der gkg mit ihren feinen Anspielungen an Möglichkeiten, die dieser Außen- und Innen-Raum bietet, ist ein schöner Beitrag zu einer Diskussion, die mal zu führen wäre.

Peter Stohrers „Raumzeichen“

Das Denken in Räumen war auch dem früh verstorbenen Künstler Peter Stohrer wichtig. „Eingriffe“ nannte der Vertreter der konkreten Kunst einige seiner Arbeiten. „Raumzeichen“ heißt seine Werkgruppe aus dem Jahr 2001: Sie besteht aus 90 verschieden breiten und gleich hohen kleinen Bildern mit vertikalen Streifen; wobei die Reihenfolge der Bilder festgelegt ist, die Präsentationsform aber relativ frei bleibt. In der gkg hat man sich für einen horizontalen Bilder-Fries entschieden, der das große Fenster mit einbezieht. So streng die Struktur ist, so frei und fantasievoll bewegte sich der Maler in seinem konzeptuellen Korsett. Er ging die Aufgabe, mehrere Hundert vertikale Streifen zu gestalten, nicht geometrisch, sondern rein malerisch an, strich dünne Farbe aquarellartig auf die Leinwand, verwendete glänzenden Lack mit deutlichen Pinselspuren, arbeitete mit der stumpfen Oberfläche der Acrylfarbe, trug die Pigmente fett oder auch dünn und durchsichtig auf.

Ein malerisches Abenteuer

Man sucht nach einem Muster, nach wiederkehrenden Motiven. Stohrer macht es dem Betrachter nicht leicht. Seine Arbeit hat einen individuellen Rhythmus, und die Farbe folgt ganz subjektiven Akkorden. Mal Ton in Ton – Ultramarin, Türkis, Petrol – dann ziemlich schrill – mit Orange, Dunkelrot, Rosa –, es gibt sehr helle Verläufe und andere Bereiche, in denen sich dunkle Tönungen ballen. Ein malerisches Abenteuer. Stohrer ist ein Künstler, den es unbedingt zu entdecken lohnt.

2020 waren Arbeiten von ihm im Rahmen der „Enterventionale“ im LVR-Landesmuseum zu sehen. In der kommenden Woche widmet ihm die Galerie Gisela Clement die kleine Ausstellung „Malkörper – reloaded“ im Projektraum.

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