Nachruf auf Glenn Frey Baumeister des „Hotel California“

Unverwechselbarer Westküsten-Sound: Der Eagles-Gitarrist ist mit 67 Jahren gestorben. Nachdem die US-Band 1980 auseinanderbrach, war Glenn Frey als Solokünstler erfolgreich.

 Der Eagles-Gitarrist Glenn Frey ist mit 67 Jahren gestorben.

Der Eagles-Gitarrist Glenn Frey ist mit 67 Jahren gestorben.

Foto: AFP

Er konnte auch ohne das Kollektiv. Glenn Frey, Gitarrist, Sänger und Songautor der amerikanischen Band Eagles, blieb in der Erfolgsspur, nachdem die Gruppe 1980 auseinandergebrochen war. Gleich das erste Soloalbum, „No Fun Aloud“ von 1982, verkaufte sich blendend. Frey komponierte zahlreiche Hits wie „I Found Somebody“ und „The One You Love“, „The Heat Is On“ und „You Belong To The City“.

Frey, der am Montag 67-jährig in New York gestorben ist, gehörte Anfang der 1970er Jahre zu den Gründungsmitgliedern der Eagles: neben Bernie Leadon, Don Henley und Randy Meisner. Die Musiker kreierten ihren unverwechselbaren Westküsten-Sound, stilistisch variabel und stimmlich komplex. In dieser Hinsicht waren sie Verwandte der Beach Boys. Mit dem Album „Hotel California“ 1976 machten die Eagles sich unsterblich. Frey schrieb den Text des verrätselt-poetischen Titelstücks.

Die Platte setzte sich mit der Überflussgesellschaft Kaliforniens auseinander. Frey erfand das Bild eines Luxushotels – oder Luxusgefängnisses –, aus dem es kein Entkommen gab: „You can check out any time you like, / But you can never leave!“

Nach dem weltweiten Erfolg 1976 wurden skeptische, später dann feindselige Töne laut. Die Eagles, hieß es, verhökerten romantisierte Nostalgie nach dem Alten Westen. Das deutsche Magazin „Sounds“ verdammte die musikalischen Darbietungen der Band als „absolute Degeneration eines universellen Kommunikationsmittels zur Schickeria-Pose“. Die Vehemenz der Kritik war maßlos übertrieben und übersah das nach wie vor hohe kompositorische Niveau von Frey und Co. Für die New York Times waren die Eagles sogar „die einflussreichste Gruppe der Rockmusik“.

Nach diversen personellen Veränderungen, einer Reunion 1994 und einer erfolgreichen Welttournee schrieben die Eagles 2007 noch einmal Musikgeschichte: mit dem ehrgeizigen Doppelalbum „Long Road Out Of Eden“. Zwei Jahre später ließen sie in der Kölner Lanxess-Arena knapp 40 Jahre Bandgeschichte Revue passieren. Sie stemmten die komplexen Gesangsharmonien, Country-Gitarren schluchzten, und die Musiker gaben, wenn nötig, auch richtig Gas. Bei „In The City“ tauchte wie aus dem Nichts eine vierköpfige Bläser-Abteilung auf.

Natürlich bauten sie auch in der Arena das „Hotel California“ auf. Eine Trompete kündigte im Vorspiel an, dass der größte Hit der Band im edlen Outfit erscheinen würde. Joe Walshs Gitarre fräste sich dann aber wie eine aus Kontrolle geratene Kettensäge durch den Wohlklang. Dazu projizierten sie das legendäre Album-Cover auf eine Leinwand. Glenn Frey, Timothy B. Schmit, Don Henley, Joe Walsh und Kollegen – alle über 60 – sahen klasse aus. Sie trugen dunklen Anzug und Krawatte, schauten cool, ernst, fast ein bisschen verdrossen drein. Wie vom Olymp gefallene Investment-Banker.

Das Konzert endete mit Glenn Freys und Don Henleys Lied „Desperado“. Mit der wie ein Vermächtnis übermittelten letzten Zeile: „You better let somebody love you, before it's too late.“

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