Ausstellung von Nikita Kadan auf Burg Lede Bilder vom Krieg

Der Ukrainer Nikita Kadan harrt in Kiew aus, auf der Burg Lede ist seine politische Kunst zu sehen. Galerist Sandro Parrotta konfrontiert Kadan mit Radierungen des Flamen Jules de Bruycker.

 Künstler und Aktivist Nikita Kadan.

Künstler und Aktivist Nikita Kadan.

Foto: Parrotta

Eine knappe Woche durfte Nikita Kadan mit einer Sondergenehmigung in den Westen, düste nach Berlin, Paris, Köln und Bonn und kehrte nach Kiew zurück, um dort an der kulturellen Heimatfront – wenn es sein muss aus dem Luftschutzkeller heraus –, zu operieren, wie er einer Zeitschrift verriet. In Köln und Bonn eröffnete er Ausstellungen der Galerie Parrotta Contemporary, die in ihrem Bonner Hauptsitz Burg Lede Kadans Reaktionen auf die Aggression durch Russland thematisiert. Sandro Parrotta kombiniert die Arbeiten des Ukrainers mit der Grafik des Flamen Jules de Bruycker, der die Invasion seiner Heimat durch die Deutschen im Ersten Weltkrieg thematisiert. „War Works“ ist eine Zusammenschau mit erstaunlichen Parallelen. 

Weit sichtbar flattert eine Fahne von Kadan mit gebetsmühlenartig wiederholten und übereinandergeschriebenen politischen Statements über der Burg Lede. Im Inneren verstören durch Feuer deformierte Gläser und Kannen, die Kadan in Butscha fand, Ort eines Massakers der Russen an der ukrainischen Bevölkerung. Der Schwerpunkt von Kadans Beitrag aber sind Arbeiten aus den Serien „Dark Air“ und „Projecs of Ruins“.

Recherchen auf der Krim

Direkt nach der Annexion der Krim durch die russische Armee im Jahr 2015 und der Besetzung der Ostukraine war Kadan auf Recherchetour gegangen und dokumentierte die Zerstörung ukrainischer Denkmäler durch die Russen auf der Krim und die Reaktion der Ukrainer, die ihrerseits auf ihrem Staatsgebiet russische Denkmäler zerstörten.

„Dieser damalige symbolische Krieg der Zeichen, der in der Ostukraine bald in einen Realkrieg überging, hat sich nun leider in einen blutigen Überfallskrieg auf die gesamte Ukraine verwandelt“, schreibt Rainer Fuchs, der 2019 im Wiener Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig Wien (mumok) Kadans Recherchen in der Ausstellung „Project of Ruins“ zeigte.

 Denkmal in Gefahr: „Dark Air 2“ von Nikita Kadan (2016).

Denkmal in Gefahr: „Dark Air 2“ von Nikita Kadan (2016).

Foto: Parrotta

Kadan stellt zurzeit europaweit aus

Bereits in einer Arbeit von 2015, „Limits of Responsibility“, hatte sich Kadan mit der aktuellen Politik in seinem Land befasst. Sein Werk thematisiert die „Revolution der Würde“ (2013/14), die zur Amtsenthebung des damaligen ukrainischen Staatspräsidenten Wiktor Janukowytsch führte, dem Korruption und eine Nähe zum Putin-Regime vorgeworfen wurden. Das mumok zeigt gegenwärtig unter anderem Kadans Ruinenbilder aus seiner Heimat. Überhaupt ist Kadan zusammen mit etlichen Kollegen zurzeit sehr präsent in Ausstellungen. „Radical Hope“ nannte sich etwa eine international besetzte Schau in der Nationalgalerie Tiblisi in Georgien, an der neben Kadan auch die 2004 nach der „Orangenen Revolution“ von ihm mitgegründete ukrainische Gruppe R.E.P. (Revolutionary Experimental Space) teilnahm. „War Diaries“ nannte sich eine andere Schau, in Antwerpen läuft noch „Imagine Ukraine – Art as a Critical Attitude“, Kunst als eine kritische Haltung. Weitere Kapitel der Schau sind in Brüssel zu sehen (im Bozar und im EU-Parlament).

Ausstellung am Rand der Biennale in Venedig

Auf der diesjährigen Kunstbiennale in Venedig gehört die Präsentation „This ist Ukraine: Defending Freedom“ in der Scoula Grande Della Misericordia zu den „Collateral Events“ der Biennale. Sie zeigt im ersten Kapitel die Arbeiten ukrainischer Künstler, die während des Krieges noch in ihrer Heimat leben und arbeiten: Yevgenia Belorusets, Kadan und Lesia Khomenko. Im zweiten Kapitel treten internationale Freunde auf: von Marina Abramovic bis Damien Hirst und Olafur Eliasson. Ziemlich bald nach Kriegsbeginn gab es Ausstellungen in Berlin, München, Stockholm.

 Angriff auf ein Symbol: Jules de Bruyckers Radierung „Reims“ (1916).

Angriff auf ein Symbol: Jules de Bruyckers Radierung „Reims“ (1916).

Foto: Parrotta

Für den Galeristen Sandro Parrotta war es sehr wichtig, Kadan zu zeigen und ein Zeichen zu setzen. Was er insbesondere mit einem Benefizkonzert zum Start der Schau auch tat. In seiner Ausstellung bringt er Kadans (Jahrgang 1982) düstere, bearbeitete Bilder von Denkmälern mit Bruyckers (1870-1944) nicht minder dramatischen Kriegs-Radierungen zusammen. Wir sehen einen Totentanz, schaurige, an James Ensor erinnernde Kriegsbilder aus London, Ypern, Löwen und Reims. Das Rätselhafte und Unaussprechliche wird hier wie in den Kohlezeichnungen auf Papier von Kadan durch verschattete Partien thematisiert.

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