Ausstellung in Bonn Goethe-Institut präsentiert Kunst aus dem Donbas
Bonn · Das Goethe-Institut Bonn präsentiert deutschlandweit das ukrainische Kollektiv Gareleya Neotodryosh auf 720 digitalen Bildschirmen.
Die Botschaften sind sehr deutlich: Die junge Künstlerin Elizabeth Makhrova aus Lyssytschansk will, dass ihre Kunst wahrgenommen wird, dass sie Fragen provoziert, sie Antworten auf eine „unerklärliche Traurigkeit“ erhält. Sergei Simutin aus Donezk wünscht sich, dass die Kunst aus der Ukraine als Teil der europäischen Familie empfunden wird; und Masha Vyshedskaya aus Bachmut hofft, dass gleich die ganze Welt von der ukrainischen Kunst erfährt. Vorerst werden 17 deutsche Städte erfahren, wie die junge Kunstszene im Donbas in der Ostukraine tickt, wo gerade – mitten in Europa – ein Krieg tobt.
In 17 Städten präsentiert sich das Kollektiv Gareleya Neotodryosh, was übersetzt „eine Galerie, die nicht abgerissen werden kann“ heißt. Womit die Anfänge, als der Initiator Vitaliy Matukhno 2020 seine Kunst auf die Betonwände unter eine gesprengte Brücke klebte – was andere animierte, mitzumachen –, exakt beschrieben sind. Zusammen mit dem Goethe-Institut in Bonn und der für ihre Projektionswände im öffentlichen Raum bekannten Firma Ströer präsentiert sich Gareleya Neotodryosh bis Ende September in 17 Städten auf 720 digitalen Bildschirmen an Bahnhaltestellen. Bonn ist mit dem Hauptbahnhof und dem Bahnhof in Bad Godesberg dabei.
Junges Kollektiv
Das 2020 gegründete Kollektiv – entstanden als Protest gegen den Mangel an öffentlichen, unzensierten Ausstellungsräumen – fördert gezielt junge Künstler aus dem Donbass. Es umfasst derzeit 100 Mitglieder, die überwiegend zwischen 18 und 25 Jahre alt sind. „Das jüngste Mitglied ist 14“, erzählt Raoul Cyril Humpert vom Goethe-Institut Bonn, der das Ausstellungsprojekt zusammen mit dem Goethe-Institut Ukraine entwickelt hat. 20 der Künstler sind noch immer im Donbas und arbeiten unter anderem in Bunkern und Schutzräumen. 40 sind nach Deutschland, Polen oder Georgien geflohen, der Rest ist in der Westukraine untergekommen.
Am Anfang der Überlegungen, Gareleya Neotodryosh in Deutschland zu präsentieren, standen noch einzelne Galerieausstellungen im Köln-Bonner Raum. Doch das Projekt wuchs und wuchs. Und als Ströer einstieg, expandierte es auf 720 Projektionen in 17 Städten. Ausgewählt wurden 27 Künstlerinnen und Künstler, die zusammen mit ihren Werken in einzelnen Zeitslots vorgestellt werden. Den Anfang machen bundesweit fünf Porträts. Wöchentlich wechselt das Programm. Zu sehen sind Fotografien, Gemälde, Zeichnungen, Piktogramme und Collagen. Die Bandbreite der Themen ist enorm: Skurriles, Fantastisches, Dokumentarisches, Historisches, ganz viele Beobachtungen aus dem Alltag, mitunter exzellente Porträts, spannende Architekturstudien und Innenansichten einer aufregenden Subkultur.
Keine Kriegsdarstellungen
Was nicht zu sehen ist: Bilder aus dem unmittelbaren Kriegsgeschehen. Man habe sich darauf geeinigt, in der Öffentlichkeit nichts zu zeigen, das bei Flüchtlingen zu einer zusätzlichen Traumatisierung führen könnte, sagt Humpert. Im Vordergrund steht für ihn, dass die jungen Künstler aus dem Donbas ein Forum, eine Plattform bekommen, sichtbar werden, sich als Teil der europäischen Familie präsentieren.
Und da ist noch Makhrovas Traum: „Mein Traum ist, dass Kunst aus dem Donbas nicht mehr mit Krieg in Verbindung gebracht wird.“