Spotlight-Schultheaterfestival in Bonn Sechs Ensembles kämpfen um den Bonner Kobold

Bonn · Das Schultheater hat unter Corona schwer gelitten. Keine oder nur wenige Proben, Lehrer im Stress, Krankheitsfälle. Kein Wunder, dass bei Spotlight-Schultheaterfestival lediglich sechs Ensembles um den Bonner Kobold kämpfen. Dabei haben sie einiges zu bieten. „Kai in der Kiste“ machte den Anfang.

Kai (Josefine Dillon) lässt sich in einer Kiste zu Schokoladenbaron Joe Allan von Braams (Nikos Nikolidakis) bringen.

Kai (Josefine Dillon) lässt sich in einer Kiste zu Schokoladenbaron Joe Allan von Braams (Nikos Nikolidakis) bringen.

Foto: Thomas Kölsch

Die Nachwehen von Corona sind auch im Schultheater-Bereich noch immer spürbar. Lediglich sechs Ensembles haben sich für die 19. Ausgabe des Spotlights-Schultheaterfestivals gemeldet, um ihre Stücke zu präsentieren, und um den begehrten Bonner Kobold zu kämpfen. Andere Produktionen – sofern Lehrer dafür überhaupt Zeit hatten – seien zum Teil wegen zu wenigen Proben und dem vergleichsweise frühen Beginn der Sommerferien oder wegen Erkrankungen nicht rechtzeitig fertig geworden, erklärte die Vorsitzende der austragenden Theatergemeinde Bonn, Elisabeth Einecke-Klövekorn, bei der Eröffnung im LVR Landesmuseum. „Umso mehr freue ich mich, dass wir ein kleines, aber feines Programm zusammenstellen konnten, auf das die teilnehmenden Schülerinnen und Schüler sehr stolz sein können“, sagte sie. Den Auftakt gestaltete das freie Ensemble Hotti on Stage, das mit „Kai in der Kiste“ eine hervorragende, rasante und überaus kurzweilige Inszenierung auf die Bühne brachte – und dabei verschiedene Ideen einbrachte, die selbst Profis nicht besser hätten umsetzen können.

Ein Klassiker der Kinderliteratur

Die Romanvorlage des Stücks, die Wolf Durian 1926 veröffentlichte und die zumindest in Deutschland schnell zu einem Klassiker der Kinderliteratur avancierte, illustriert den amerikanischen Traum des Aufstiegs vom einfachen Arbeiter zum Millionär (der Autor hat selbst nach dem Abitur einige Jahre in den Vereinigten Staaten verbracht und dort unter anderem als Tellerwäscher gearbeitet), versetzt ihn aber ins Berlin der 20er Jahre. Dort will der Straßenjunge Kai (Josefine Dillon) unbedingt Reklamekönig des Schokoladenfabrikanten Joe Allan (Nikos Nikolidakis) werden und lässt sich in einer Kiste in dessen Zimmer liefern. Allan ist nach anfänglichem Zögern nicht abgeneigt, doch auch der diplomierte Werbefachmann Alexander Kubalski (Konstantin Rasanis) hat sich um die Stelle beworben. So kommt es zum Wettstreit: Wer die meiste Werbung in der Stadt platzieren kann, soll den begehrten Posten erhalten.

In einem regulären Jahr hätte es Hotti on Stage als freies Ensemble für schauspielbegeisterte Kinder, Jugendliche und Erwachsene schwer gehabt, zu einem Schultheaterfestival wie Spotlights eingeladen zu werden – andererseits hätte dann ein echtes Highlight gefehlt. Die Inszenierung in der Regie von Eva Protzek und Marcel Schupp ist temporeich, präzise und in vielen Momenten brillant, und zwar sowohl auf als auch neben der Bühne. Mal verteilt Oberwachtmeister Gustav Knipser (Leonie Tschersich) im Publikum Strafzettel, dann wieder drängt sich der arrogante Kubalski durch die Reihen, und vor allem die ersten Reihen werden fleißig mit schwarzen Händen zugeklebt, die das Markenzeichen von Kai und seiner Bande sind.

Durch die Bank starke Figuren

Das alles geschieht so dezent, dass kaum von der eigentlichen Handlung abgelenkt wird. Und die kommt an, auch wenn die Rollen von Knipser oder dem Portier des Hotel Imperial ruhig noch etwas verschlagener hätten sein können. Die Mitglieder der Schwarzen Hand sind dagegen durch die Bank weg starke Figuren, bei denen die jungen Ensemble-Mitglieder alles richtig machen. Insofern erweist sich „Kai aus der Kiste“ als ideale Wahl für diesen Eröffnungsnachmittag.

Das Spotlights-Schultheaterfestival findet noch bis einschließlich Donnerstag an verschiedenen Orten in Bonn statt. Am Montag führt der Literaturkurs Q1 der Gesamtschule Hennef um 19 Uhr die Komödie „Lucys Film“ im Pantheon auf, am Dienstag steht am selben Ort und zur selben Zeit die Theater-AG der Ursulinenschule Hersel mit der Eigenentwicklung „Cluedo – Mord in Hersel“ auf der Bühne, am Mittwochnachmittag (15 Uhr) spielen Schülerinnen und Schüler der Klassen 3 und 4 der Josefschule im Jungen Theater Bearbeitungen von „Ronja Räubertochter“ und „Die Wawuschels mit den grünen Haaren, und am Donnerstag (18 Uhr) zeigt ein Projektkurs des Ernst-Moritz-Arndt-Gymnasiums eine Adaption von „Mario und der Zauberer“ im Schauspielhaus Bad Godesberg. Tickets erhalten Sie bei den jeweiligen Veranstaltern sowie über www.spotlights-bonn.de.

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