In der Harmonie Bonn Das Crossroads-Festival geht in die letzte Runde

Bonn · Der dritte Tag des Crossroads-Festivals in der Harmonie Bonn ist orange. Stimmung, Publikum, Band und teilweise auch Licht, alles passt zusammen und verweist auf die Niederlande, die an diesem Abend sowohl das Bild als auch die Musik prägen.

 Jett Rebel bei seinem Auftritt in der Harmonie.

Jett Rebel bei seinem Auftritt in der Harmonie.

Foto: Thomas Kölsch

Immerhin stehen mit Jett Rebel und De Staat zwei echte Superstars der holländischen Rock-Szene auf der Rockpalast-Bühne, die stilistisch zwar weit auseinanderliegen, aber gerade deswegen hervorragend dafür geeignet sind, die Flagge der Kreativität und des Grooves im Namen der Oranje hochzuhalten. Was im Großen und Ganzen hervorragend gelingt.

Den Auftakt macht Jelte Steven Tuinstra alias Jett Rebel: Ein musikalisches Chamäleon, das sich mit jeder Platte und zum Teil sogar bei jedem Konzert neu erfindet. Im Frühling tauchte er beim Paaspop-Festival noch im roten Kleid auf, in der Harmonie dagegen in zerrissenen Jeans und Muscle-Shirt, das Paradebeispiel des jungen Rockers, der gegen Konventionen aufbegehrt – auch wenn er das musikalisch nur bedingt tut. Vielmehr pflegt Rebel derzeit einen brachialen Hochgeschwindigkeits-Rock-'n'-Roll, der in der Harmonie leider durch eine zu hohe Lautstärke und die ein oder andere störende Rückkopplung leidet.

Andererseits versteht es der 28-Jährige meisterhaft, das Publikum mitzureißen, während er wie ein Derwisch über die Bühne jagt und kaum weiß, was er mit all seiner Energie machen soll. Auf jeden Fall strahlen. Und überstrahlen. Bassist Peter Peskens und Drummer Willem van der Krabben haben angesichts von Rebels Charisma ohnehin nicht viel zu melden und versuchen es auch gar nicht, sondern halten sich weitgehend im Hintergrund und bereiten das Fundament für einen Künstler, der unglaublich hell lodert und aufpassen muss, dass er nicht ausbrennt.

Avantgardistische Klänge

Während Jett Rebel letztlich dem erdigen, urtümlichen Rock huldigt, gehen De Staat um Mastermind Torre Florim eher in eine andere Richtung. Die avantgardistischen Klänge der Nijmegener sind vielleicht nicht jedermanns Sache, zumal die Band direkt am Anfang mit „Me Time“ die ihnen eigene Aneignung moderner Techno-Spielarten offenlegt.

Aber was De Staat auch anpacken, welche Experimente sie auch wagen und welche Effekte sie auch übereinandertürmen, an der Qualität ihrer Songs und ihrer einzigartigen Stellung innerhalb der Musikwelt besteht kein Zweifel. Ja, man könnte die Band jetzt mit The Prodigy vergleichen oder auch mit Kraftwerk und zumindest im Geiste dürften derartige Verbindungen durchaus existieren. Aber mit verzerrten Stoner-Bass-Riffs, kompromisslosen Gitarren-Sirenen, Synthi-Eskapaden und Spoken-Word-Einlagen gehen De Staat doch weit über derartige Referenzen hinaus. Das muss man nicht mögen. Aber auf jeden Fall schätzen.

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