Lesungen in Bonn Das Bonner Literatur-Frühjahr

Bonn · Was die lokale Szene im Vorfeld der Lit.Cologne zu bieten hat: Eine feine Auswahl von Lesungen mit interessanten Neuerscheinungen und literarischen Rückblicken, von der Lyrik bis zur cineastischen Spurensuche.

 Bonner Fazit: Stadtschreiber Albrecht Selge.

Bonner Fazit: Stadtschreiber Albrecht Selge.

Foto: Gene Clover

Dieses literarische Frühjahr hat es in sich: Bis zur Lit.Cologne (1.-11. März) und noch vor der Leipziger Buchmesse (27. bis 30. April) nimmt es Fahrt auf. Prominente Neuerscheinungen kündigen sich an: Ein neues Buch des vor Kurzem schwer verletzten Salman Rushdie kommt heraus, der erste Roman von Benjamin von Stuckrad-Barre, Juli Zehs Roman „Zwischen Welten“, der Klimapolitik, Gendersprache und Rassismusvorwürfe ventiliert. Virginie Despentes („Das Leben des Vernon Subutex“) bringt „Liebes Arschloch“ auf den Markt. Neues gibt es von T.C. Boyle, von der Literaturnobelpreisträgerin Annie Ernaux („Der neue Mann“), von Martin Suter („Melody“). Weitere Neuerscheinungen von Siri Hustvedt und Bret Easton Ellis sind angekündigt.

Das Angebot in Bonn

Welcher dieser Autoren sich wohl in der Region blicken lässt? Wir stellen eine Auswahl von Lesungen vor, die in den nächsten Monaten das kulturelle Leben in Bonn bereichern und starten mit dem Programm des Literaturhauses Bonn. Eröffnet wird das Programm kunsthistorisch: Der Bonner Schauspieler Bernd Braun liest aus Max Ernsts Schriften, die Gabriele Wix herausgegeben hat. Thomas Fechner-Smarsly spricht mit ihr zum Abschluss der Ausstellung „Max Ernst und die Natur als Erfindung“ am 11. Januar im Kunstmuseum Bonn. Am 18. Januar stellt Angela Steidele ihr im Herbst erschienenes Buch „Aufklärung“ – über Leipzig im 18. Jahrhundert, in seiner glänzendsten Zeit – in der Elisabeth-Selbert-Gesamtschule vor. Jennifer Nansubuga Makumbi präsentiert am 23. Januar im Haus der Bildung ihren aktuellen Roman „Die erste Frau“. Mit „Lügen über meine Mutter“ erzählt Daniela Dröscher die Geschichte ihrer eigenen Kindheit und entführt den Leser am 8. Februar im Konrad-Adenauer-Gymnasium in die Achtzigerjahre im Hunsrück: Der süßliche Duft von „Hubba Bubba“-Kaugummis liegt in der Luft, Helmut Kohl ist gerade Bundeskanzler geworden, die Grünen ziehen in den Bundestag ein, und 1985 gewinnt Boris Becker in Wimbledon. So skizziert der Deutschlandfunk die Stimmung.

Die Kölner Lyrikerin Sabine Schiffner ist mit ihrem Gedichtband „Wundern“ und Geschichten von Verrat und Verlust, Geburt und Tod am 22. Februar im Leoninum zu Gast. Mareice Kaiser erzählt in dem Buch „Wie viel – was wir mit Geld machen und was Geld mit uns macht“ ihre eigene Geldgeschichte und trifft Menschen, mit denen sie über Geld spricht. Vom Pfandflaschensammler bis zum Multi-Millionär stellt sie ihnen Fragen: Wie viel Geld ist genug? Wie viel Geld macht glücklich? Wer sollte mehr Geld haben? (23. Februar in der Bundeszentrale für Politische Bildung).

Vom toxischen Geld zu einer Klassikerin: Isabel Allende. Svenja Becker spricht am 9. März im Haus der Bildung über ihre Übersetzung von Allendes „Violeta“. Am 11. und 12. März veranstaltet das Literaturhaus Bonn ein Schreibseminar mit dem Lektor und Dozenten Olaf Petersen, am 24. März geht das Leseclubfestival 2023 über die Bühne der Brotfabrik – mit Steven Uhly und Lisa Roy.

Jan Philipp Reemtsma bei Böttger

Ein hochkarätiges Programm auch in der Buchhandlung Böttger, die ihr Jahr am 16. Januar mit Jan Philipp Reemtsma, Gründer und geschäftsführender Vorstand der Hamburger Stiftung zur Förderung von Wissenschaft und Kultur, startet, der das von ihm herausgegebene Buch „Christoph Martin Wieland: Ein paar Goldkörner oder Was ist Aufklärung?“ präsentiert. Am 20. Januar stellt der Germanist Peter Glasner seine Habilitationsschrift „Narrheit und Ästhetik. Erzählen von intriganten Narren im Mittelalter“ vor. Sasha Marianna Salzmann ist am 25. Januar mit ihrem Roman „Im Menschen muss alles herrlich sein“ (2021) zu Gast. Sie widmet sich den Umbruchzeiten – von der „Fleischwolf-Zeit“ der Perestroika bis ins Deutschland der Gegenwart.

Am 31. Januar wird es cineastisch: In kurzen Essays von Olivia und Klaus Vieweg werden philosophische Fragen behandelt, die in der Star Trek Originalserie thematisiert werden. Mit großem Kino geht es am 7. Februar weiter: Thomas Braschs letzter Spielfilm, „Der Passagier – Welcome To Germany“ (1988), wird von Uwe Appelbe präsentiert. Ferner hat der Literaturwissenschaftler Iwan-Michelangelo D‘Aprile den von Theodor Fontane übersetzten Roman „Der Geldverleiher“ der viktorianischen Autorin Catherine Gore (11. Februar) im Gepäck. Weitere Abende widmen sich der Schriftstellerin Unica Zürn (28. Februar), dem Theologen Ernst Troeltsch (2. März). Erinnert wird an Dieter Wellershoff (10. März), Dinçer Güçyeter ist am 14. März zu Gast.

Franzobel liest im Buchladen 46

Das literarische Frühjahr beginnt im Buchladen 46 mit Franzobels wildem Roman „Einsteins Hirn“ über den Pathologen Thomas Harvey, der Einsteins Hirn stiehlt und es sein Leben lang behält, am 22. Februar. Am 1. März ist die Übersetzerin Elisabeth Edl zu Gast. Sie liest aus Guy de Maupassants Buch „Pläsier“. Der WDR-Philosoph Jürgen Wiebicke rezitiert am 30. März, aus „7 Heringe“, ein Buch über „meine Mutter, das Schweigen der Kriegskinder und das Sprechen vor dem Sterben“. Am 11. März heißt es „Oliver Steller: Lass Dich porträtieren!“: Die „Stimme der deutschen Lyrik“ hat sich in der Corona-Zeit zum Fotografen ausbilden lassen und porträtiert ab 15 Uhr. Jede Session dauert eine halbe Stunde und kostet 49 Euro.

Die Parkbuchhandlung startet am 27. Januar ihr Jahresprogramm: mit dem Abschied des Stadtschreibers Albrecht Selge im Beethoven-Haus. Der Gast lässt seine Bonner Zeit Revue passieren und liest aus neuen Texten. Malte Boecker, Chef des Beethoven-Hauses, moderiert den Abend. Am 11. Februar stellen der Verleger Sebastian Guggolz und der Übersetzer Maximilian Murmann den Roman der 1995 gestorbenen finnischen Autorin Eeva-Liisa Manners, „Das Mädchen auf der Himmelsbrücke“, in der Parkbuchhandlung vor. Zu einem Abend mit Texten und Gesängen nach Gedichten des „belgischen Shakespeare“ Maurice Maeterlink lädt die Parkbuchandlung am 23. Februar ins Hotel Dreesen ein.

In Kooperation mit der Theatergemeinde Bonn setzt die Schauspielerin Barbara Teuber ihre seit Jahrzehnten erfolgreiche künstlerische Tätigkeit als „Vorleserin“ bedeutender literarischer Texte fort: Der „Literarische Salon“ im Haus der Theatergemeinde startet am 25. Januar, auf dem Leseplan steht Tania Blixens „Babettes Fest“.

Weitere Informationen:

www.literaturhaus-bonn.de

www.buchhandlung-boettger.de

www.buchladen46.de

www.parkbuchhandlung.de

www.theatergemeinde-bonn.org

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