Toto spielt beim KunstRasen 2022 Der Soundtrack vieler Generationen kommt nach Bonn

Bonn · Am 14. Juli spielt die Rockband Toto auf dem KunstRasen Bonn. Vor Start ihrer Europatour sprachen wir mit Toto-Sänger Joseph Williams via Zoom in seinem kalifornischen Heim über das Geheimnis des Toto-Sounds.

Joseph Williams, hier mit Gitarrist Steve Lukather, ist Sänger der Band Toto.

Joseph Williams, hier mit Gitarrist Steve Lukather, ist Sänger der Band Toto.

Foto: dpa/Valentin Flauraud

Plötzlich hellten sich die Gesichter auf. Partystimmung bei Rock am Ring. Da hatte die Alternative-Rock-Band Weezer gerade begonnen „Africa“ von Toto zu spielen. Eigentlich hatten Rivers Cuomo und seine Jungs den Song vor vier Jahren als Parodie aufgenommen, wurden dann aber von dem Riesenerfolg überrascht. Seitdem ist der Toto-Hit noch bekannter als sowieso schon. „Africa“ hat auf YouTube fast 800 Millionen Klicks. Nicht erst seit „Stranger Things“ ist es eine Art allgemeingültiger Popsong. Die Musik der kalifornischen Band Toto macht einfach glücklich. Gehört das zum Konzept?

„‚Africa‘“ ist so ein brillanter Song. Stell dir vor, dass die Jungs damals überlegten, ihn gar nicht auf das Album zu nehmen“, sagt Joseph Williams, der seit vielen Jahren Sänger bei Toto ist. Wir erreichen ihr via Zoom in seiner kalifornischen Heimat. „Bei dem Stück geht die Menge immer mit – vielleicht, weil es jeder kennt.“ Was ist das Geheimnis? Williams: „Ich weiß nicht, was das Geheimnis für dich ist. Als ich ihn zum ersten Mal gehört habe, hat mich dieser Groove der Drums, das Keyboard von Dave (Paich), wenn der Song startet, einfach hypnotisiert. Das ist es, was der Song macht. Er ist hypnotisierend. Die Augen fangen an zu leuchten, wenn der Chorus mit diesem glorreichen Gefühl starte.“

Klage von Witwe eines verstorbenen Mitglieds

Am 14. Juli tritt Toto auf dem KunstRasen in Bonn auf – zum dritten Mal in der Bundesstadt. Und es ist gar nicht so selbstverständlich, dass die Band wieder live erlebbar ist. Denn zuletzt musste sich die Band mit einer Klage von Jeff Porcaros Witwe, Susan Porcaro-Goings, herumschlagen. Toto sind heute eigentlich nur noch Gitarrist Steve Lukather und Keyboarder Dave Paich, alle anderen Musiker bekommen Gehalt. Das alles wühlte Lukather offenbar so auf, dass er Ende 2019 bekanntgab, dass Toto vorbei sei.

Doch so ohne können sie offenbar nicht sein. Und so geht nun also nach Lukathers eigener Zählung die 15. Inkarnation von Toto auf Tour. Zusammen kam die Band 1977, nachdem die verschiedenen Mitglieder, allesamt hervorragende Musiker, auf Alben von Steely Dan, Boz Scaggs, Seals and Crofts und vielen anderen gespielt hatten. Auf ihrer ersten LP erzielten sie mit „Hold the Line“ sofort einen weltweiten Hit. Aber es war die Zeit, in der die Kids eher die Sex Pistols cool fanden. Und einen echten Frontmann hatten sie auch nicht. Bobby Kimball, der anfängliche Leadsänger, übernahm bei weitem nicht alles Gesangsparts und wurde dann auch noch wegen Stimm- und Drogenproblemen gefeuert und durch den ehemaligen Survivor-Backing-Sänger Dennis Frederiksen ersetzt. Nach nur einem Album suchte man erneut – und fand in Joe Williams, dessen Vater der berühmte Filmkomponist John Williams ist, einen neuen Sänger.

„Einige aus der Band kenne ich noch aus der High-School. Wir sind gut befreundet. Sie wussten auch wie ich singe. Die Chemie stimmte also schon gleich beim Vorsingen“, erzählt Williams. „Mit Steve Lukather bin ich seit der Schulzeit befreundet, und David Paichs Vater und meiner waren befreundet. Den kenne ich also, seit ich ein kleiner Junge war.“

Die Popularität der Band erreichte 1982 den Höhepunkt – als „Toto IV“ mit den Hits „Africa“ und „Rosanna“ herauskam. Der Erfolg von „Africa“ hat die Band selbst überrascht. Schlagzeuger Jeff Porcaro kreierte einen Großteil der Musik gegen Ende der Toto IV-Sessions, und Paich steuerte die Texte bei, aber es wurde nie als etwas Besonderes bezeichnet. Dann kam er doch drauf – als letztes Stück auf der B-Seite. Am Ende wurde es der einzige Nummer-Eins-Hit der Band.

Der Erfolg von „Rosanna“ und „Africa“ half Toto, 1983 sechs Grammy-Auszeichnungen zu gewinnen, darunter das Album des Jahres und die Schallplatte des Jahres. Was ist nun dran an der Geschichte, dass „Rosanna“ ein Song über Rosanna Arquette ist? Stimmt sie, oder stimmt sie nicht? „Es geht schon irgendwie um sie, denn Steve Porcaro war ja damals mit ihr zusammen. Und Dave liebte den Sound des Namens als er den Song schrieb. Also geht es schon ziemlich um Rosanna Arquette in dem Song“, klärt Williams auf.

Das Geheimnis des Toto-Sounds

Was macht den Toto-Sound aus? Natürlich, da ist diese geniale Gitarre von Steve Lukather, die präsenten Keyboards von David Paich und Williams markante, sehr jugendliche, warme Stimme. Williams: „Das ist schwer zu beantworten. Für mich ist es die Musikalität und die Chemie, die zwischen den Musikern herrscht, viel vom Sound aus. Ich weiß nicht, ob das das Geheimnis ist. Ich meine, David Paich ist ein unbeschreiblich guter Songwriter. Er und Jeff (Porcaro) haben diese ganze Welt von Toto ab 1977 erschaffen. Dann gab es zwar immer wieder Wechsel in der Besetzung, aber um diese Welt von Toto zu verstehen, muss man zurück zu den ersten Alben gehen, weil damals die Grundlage geschaffen wurde, für alles was noch folgen sollte.“

Songs von Toto gehören für viele Menschen zum Soundtracks ihres Lebens. Gab es da schon mal ein besonderes Erlebnis? „Ich glaube, es war 2016 oder 2017. Da kam ein Paar auf die Bühne, und er machte ihr einen Heiratsantrag zu ‚Africa‘“, erinnert sich Williams. „Es ist wirklich schön, wenn du auf der Bühne stehst und die Menschen siehst, wenn sie glücklich und zufrieden sind.“

Das Album „Toto IV“ feiert in diesem Jahr sein 40-jähriges Bestehen. Ein Album voller Hits. Dem Geheimnis des Toto-Stils kommt man vielleicht näher, wenn man sich die Solo-Projekte von Williams und Steve Lukather anhört. Dann merkt man nämlich, dass Toto offenbar sowas wie eine eigene Philosophie hat. Eine der Grundsätze könnte lauten: Auch eine Ballade muss positiv klingen. „In einer Band mit sechs individuellen Leuten gibt es natürlich Diskussionen darüber, welcher Song sich am besten für ein Album eignet und so weiter. Aber am Ende entscheidend ist, welche Songs am besten beim Publikum ankommen. Wenn ich ein Soloalbum mache, dann bin ich frei über den Ausdruck des Produkts zu entscheiden. Und ja, mein Klang ist etwas dunkler als der von Toto“, sagt Williams nachdenklich.

Hymnischer und emotionaler Rock

Sein Soloalbum beginnt mit einer eindringlichen Ballade „Never See You Coing“, sie klingt tatsächlich etwas düsterer als es bei Toto üblich wäre. „Meine Rolle bei Toto ist wie die einer Trompete, also einer Solostimme. Wenn ich meine eigenen Sachen mache, dann probiere ich viel mehr aus. Ich spiele mit dem Stimmvolumen, mit tiefen Lagen. Ich habe da mehr Raum für Experimente.“

Doch auf seinem Soloalbum „Denizen Tenant“ klingen bei Songs wie „Liberty Man“ oder „The Dream“ dieser hymnische, emotionale Rock von Toto durch. Da schimmern aber auch musikalische Vorbilder wie etwa Steely Dan oder die Beatles durch. „Donald Fagans Arbeit hat mich sehr beeinflusst, aber auch Bands wie Yes, Led Zeppelin, natürlich die Beatles. Ich stehe ja sehr auf Progressive Rock, und eines der Dinge, die ich so an Toto schätze, ist, dass die Musiker jeden Stil spielen können. Und was da so durchscheint, ist ein sehr dichter Rock’n’Roll.“

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