Sonderausstellung im Beethoven-Haus Der Titan als Rocker und Disney-Figur

Bonn · Jede Zeit hat ihr Beethoven-Bild, auch in der Welt der Comics und Karikaturen ist das so: Die Schau „Wie komisch!“ im Bonner Beethoven-Haus zeigt den Komponisten im Wandel der Zeiten.

Lucy will Schroeders Beethovenbüste zertrümmern. Zeichnung von Charles M. Schulz, Zeitungsausschnitt der 1950er-Jahre.

Lucy will Schroeders Beethovenbüste zertrümmern. Zeichnung von Charles M. Schulz, Zeitungsausschnitt der 1950er-Jahre.

Foto: Beethoven Haus

Für Beethoven muss man richtig fit sein. Kein Geringerer als der achtjährige Schroeder von den Peanuts wusste, was das bedeutet: Liegestütze, Boxen, Seilspringen und so weiter, dann gut mit Cornflakes frühstücken. Und dann ist Schroeder fit für die Hammerklavier-Sonate, die er am Toy-Piano intoniert. Nicht jeder hat dafür Verständnis. Zum Beispiel Lucie, die Schroeder liebt, eifersüchtig auf Beethoven ist und in Rage die Büste des Titanen auf Schröders Spielzeugpiano mit dem Baseballschläger zertrümmert. Kein Problem: Schroeder ist für derlei Bilderstürmerei gerüstet und hat einen ganzen Schrank voller Beethoven-Büsten. Was ein echter Fan ist, der baut vor.

Der Cartoonist Charles M. Schulz, Vater der Peanuts, war ein großer Verehrer des Meisters, hat sich in Hunderten Zeichnungen dem Thema gewidmet, hat zum Beispiel das Beethoven-Haus gewürdigt und ein Büchlein herausgegeben, mit dem für ein Bonner Konzerthaus geworben wurde. Kein Wunder, dass Schulz und sein musikalischer Schroeder eine wichtige Rolle in der aktuellen, gelungenen Sonderausstellung „Wie komisch!“ im Bonner Beethoven-Haus spielen. Mit Karikaturen, satirischen Zeichnungen, Cartoons, Graphic Novels und Bilderbüchern vom ausgehenden 19. Jahrhundert bis 2020 schlägt die kleine Schau einen bunten Bogen, der von großer Verehrung und liebevoller Betrachtung bis zu einigen Versuchen reicht, den Titanen vom Sockel zu schubsen.

Beethoven unter den Mantel geblickt

Letzteres Thema ist quasi unter Verschluss: Wer den kleinen gelben Schrank öffnet, erhascht einen Blick auf Beethovens Gemächt unter dem Mantel, eine sarkastische Interpretation des Denkmals auf dem Münsterplatz durch die Bonner Künstler Margarete Loviscach und Horst Rave (1975). 1968 illustrierte der Franke Michael Matthias Prechtl „Beethoven Erotica“ mit einer nackten Schönen, die sich auf Beethovens buschiger Afro-Frisur räkelt. Naja, so schlimm sind die Attacken nicht. Und zumindest Prechtl hat in den 1970ern und 1980ern so liebevolle und feingeistige Hommagen gezeichnet, dass 1983 ein Motiv sogar zum Beethovenfest-Plakat wurde.

Jörg Immendorffs Beethoven (2000). Foto: Galerie Wierny Bonn

Jörg Immendorffs Beethoven (2000). Foto: Galerie Wierny Bonn

Foto: Galerie Wierny

Noch zu Lebzeiten Beethovens entstanden karikierende Zeichnungen. Sein bizarres Auftreten, die Körpersprache boten genügend Angriffsfläche. Im ausgehenden 19. Jahrhundert häuften sich die Blätter. Beethoven, der zu Lebzeiten Avantgarde war, wird in den 1920er-Jahren von Satirezeitschriften wie „Kladderadatsch“ und „Simplizissimus“ als Hüter der guten alten Werte und Bollwerk gegen neue Musik instrumentalisiert, die er „Gott sei Dank nicht hören kann“. Ein gerne benutzter Topos. Die Schwerhörigkeit des Meisters ist ohnehin ein beliebtes Thema: So lässt Ronald Saerle in einer wunderbaren Zeichnung von 1991 den tauben Meister auf Edvard Munchs „Schrei“ treffen. Beethoven gibt sich unbeeindruckt.

Jörg Immendorffs Beethoven

Das Hörrohr des Titanen hat auch seinen Auftritt in einem farbprächtigen Siebdruck, den Jörg Immendorff im Jahr 2000 für die Bonner Galerie Wierny schuf. Aber Immendorff, der sich wie die meisten Zeichner von Joseph Karl Stielers berühmtem Beet­hovenporträt von 1820 inspirieren ließ, lässt den Komponisten im Flugzeug reisen.

Willkommen in der neuen Zeit: Graphic Novels unserer Tage feiern ihn als nonkonformistischen Freak, junge Zeichner sehen ihn als Helden und Identifikationsfigur. Schon 1994 zeichnete ihn Franz Eder als Rocker mit Nietenjacke und Kopfhörern. Sogar im Kosmos von Walt Disney World hört man seine Musik, wenn Goofy als Beethoven auftritt und einen Flügel virtuos von der Bühne spielt.

Dass man die Melodielinien der Fünften für eine atemberaubende Schlittenfahrt oder Fahrradtour nutzen kann, beweist der geniale Zeichentrickfilm von Doodlechaos. Und was es mit der „Wut über den verlorenen Groschen“ auf sich hat, zeigt ein weiterer Comic-Film.

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