Neuer Kinofilm „Schwarze Milch“ Die Geschichte der Geschwister Wessi und Ossi

Bonn · Der Film „Schwarze Milch“ von Uisenma Borchu ist ein ergreifendes Drama zweier Schwestern in der Mongolei mit autobiografischem Hintergrund. Die Namen der beiden Geschwister lauten Wessi und Ossi.

 Der schwierige Weg zueinander: Uisenma Borchu (rechts) und Gunsmaa Tsogzol in einer Szene des Films „Schwarze Milch“.

Der schwierige Weg zueinander: Uisenma Borchu (rechts) und Gunsmaa Tsogzol in einer Szene des Films „Schwarze Milch“.

Foto: Alpenrepublik Filmverleih

„Du gehörst zu mir“ sagt er zu ihr und hält sie mit beiden Händen fest an den Schultern. Der Satz klingt nicht wie eine Liebesbekundung, sondern wie eine Drohung. Denn Franz (Franz Rogowski) will verhindern, dass Wessi (Uisenma Borchu) in die Mongolei reist – das Land, in dem sie geboren wurde und in dem ihre Schwester immer noch lebt. Aber Wessi fliegt trotzdem und der übergriffige Lebensgefährte spielt nach wenigen Filmminuten in Uisenma Borchus zweiter Regiearbeit „Schwarze Milch“ keine Rolle mehr.

Wessi ist als Kind von ihrer Schwester Ossi (Gunsmaa Tsogzol) getrennt worden und in Deutschland aufgewachsen. Nun will die 35-Jährige raus aus der beklemmenden Beziehung und zurück zu ihren familiären Wurzeln. Mit dem Flugzeug geht es nach Ulaanbaatar, wo sie Ossis Stiefvater mit dem Jeep hinaus in die mongolische Steppe fährt. Hier lebt die Schwester mit ihrem Mann als Nomadin in einer Jurte und betreibt Viehwirtschaft.

Verschiedene Welten

Das Wiedersehen nach langen Jahren der Trennung ist gleichermaßen von Freude und Befremden gekennzeichnet. Die Schwestern sind in vollkommen verschiedenen Welten groß geworden und stehen einander oft mit Unverständnis gegenüber. Ossi schuftet als patente Bäuerin tagtäglich und beobachtet skeptisch die Bemühungen der manikürten Westlerin, sich ins traditionelle Nomadenleben einzufügen.

Aber auch Wessi begegnet der Schwester, die sich scheinbar widerstandslos in die patriarchalen Traditionen einfügt, mit steigender Arroganz. Als die Besucherin sich zu dem deutlich älteren Nachbarn Terbisch (Terbish Demberel), der in der Gemeinde als Herumtreiber gilt, hingezogen fühlt, beginnen die Konflikte offen aufzubrechen. Borchu („Schau mich nicht so an“), die hier als Regisseurin, Drehbuchautorin, Produzentin und Hauptdarstellerin fungiert, zeigt die Auseinandersetzungen nicht als klassischen Culture-Clash zwischen westlicher Moderne und archaischen Traditionen, sondern als weibliche und geschwisterliche Identitätssuche, bei der der Umgang mit dem eigenen Begehren eine ebenso große Rolle spielt wie die Auseinandersetzung mit patriarchalen Strukturen. Fasziniert, aber unverklärt blickt der Film auf das Nomadenleben in  der mongolischen Steppe, in der die Rückkehrerin weniger frei aufatmen kann, als sie es erhofft hat. Die Filmemacherin, die 1984 mit vier Jahren aus der Mongolei in die damalige DDR kam, schöpft hier sichtbar aus dem eigenen Erleben.

Wunderbare Bilder

Dabei findet Borchu, die auch als Schauspielerin vor der Kamera eine starke Präsenz entwickelt, zu einer emotionalen Differenziertheit, die Widersprüche aufzeigt, ohne sie zwingend auflösen zu müssen. In die offenporige Erzählung passen sich die Bilder von Kameramann Sven Zellner bestens ein, der die intime Nähe zu den Figuren mit der rauen Weite der mongolischen Landschaft wunderbar in Einklang bringt. Neue Filmbühne

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