CD-Kritik Ein Herz für Außenseiter

Das Album „You And I“ versammelt zehn bisher unveröffentlichte Songs von Jeff Buckley. Sentimentale Posen lässt der minimalistisch angelegte Gesang, dessen Intensität sich stetig und spannungsvoll steigert, nicht zu. Meisterhaft.

 Empfindsamkeit war für ihn keine Form von Schwäche: Jeff Buckley. FOTO: SONY MUSIC / LEGACY RECORDINGS

Empfindsamkeit war für ihn keine Form von Schwäche: Jeff Buckley. FOTO: SONY MUSIC / LEGACY RECORDINGS

Foto: Sony

Er war jung, schön und über alle Maßen talentiert. Der amerikanische Sänger und Songwriter Jeff Buckley (1966-1997) konnte mit seiner sinnlich-sensiblen Stimme, die mühelos mehrere Oktaven überbrückte, selbst die härtesten Hörer erweichen. Zarten Naturen brach er mit Songs wie „Grace“ und „Hallelujah“ das Herz.

„Empfindsamkeit ist keine Form von Schwäche“, hat Buckley 1994 festgestellt. „Es ist eher so, dass man die Landung einer Fliege auf einem Hund wie einen Überschallknall wahrnimmt.“

Buckley ist 1997 im Alter von 30 Jahren ertrunken. Er hinterließ ein einziges Album: „Grace“ aus dem Jahr 1994, ein Meilenstein der Popgeschichte. Wie gut, dass es Archive gibt. Bei Sony Music sind Songs ans Tageslicht gekommen, die Buckley 1993 aufgenommen hatte – der Sänger allein im Studio mit seiner Gitarre.

Auf dem gestern erschienenen Album „You And I“ sind die zehn Stücke versammelt, es handelt sich in der Mehrzahl um Coverversionen, von Bob Dylans „Just Like A Woman“ bis „I Know It's Over“ von den Smiths. Das von Morrissey und Johnny Marr geschriebene Lied „I Know It's Over“ mit seiner ausgestellten Schwermut und Einsamkeitsverzweiflung („Oh mother, I can feel the soil falling over my head / See, the sea wants to take me / The knife wants to slit me/ Do you think you can help me?“ lädt Buckley mit viel Empathie auf. Er hatte ein großes Herz für Außenseiter. Sentimentale Posen lässt der minimalistisch angelegte Gesang, dessen Intensität sich stetig und spannungsvoll steigert, nicht zu. Meisterhaft.

Es gibt auch Fingerübungen des jungen Musikers, zum Beispiel das Bluesstück „Poor Boy Long Way From Home“. „Grace“, das von Buckley und Gary Lucas komponierte Titelstück des gleichnamigen 1994er Albums, erscheint hier in rauer, intimer, ungeschminkter Form. „Well it's my time coming, I'm not afraid to die“, singt der 26-jährige Buckley im Februar 1993.

Jeff Buckley: You And I. Columbia/Legacy/Sony Music.

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