Tipp der Redaktion Ein Leben für den Jazz

Bonn · Geschenktipps aus der Redaktion: Klaus Doldingers faszinierendes Leben als Jazzmusiker und Komponist in einem Buch mit Tonbeispielen.

Doldinger Buch

Doldinger Buch

Foto: Piper

Es ist wichtig teilzunehmen, an dem, was geschieht, zu wissen, was Sache ist. Das war schon immer so“, sagte Klaus Doldinger 2020 in einem GA-Interview mitten aus dem Corona-Lockdown, bei dem man ihm anmerkte, dass ihm die Livemusik unheimlich fehlte. Sein geplanter Auftritt beim Jazzfest Bonn wurde verlegt. Ende Oktober 2021 klappte es: Doldinger mit „Passport“ in Bonn. Der damals 85-Jährige gönnte sich zwar dann und wann ein Päuschen – spielte und genoss aber die alten Hits.

5000 Konzerte in 50 Ländern in aller Welt, fast 70 Jahre auf der Bühne: Da kommt was zusammen. Auf 317 Seiten komprimiert das von Doldinger selbst, seinem Sohn, dem Filmemacher Nicolas Doldinger, und dem Journalisten Torsten Groß zusammengetragene Buch „Klaus Doldinger. Made in Germany. Mein Leben für die Musik“ (Piper, 317 S., 26 Euro) ein überbordendes Lebenswerk. Musiker, Komponist für verschiedene Formationen, Visionär, Schöpfer einprägsamer Filmmusiken vom „Tatort“-Motto bis zum Soundtrack für „Das Boot“, Partner unzähliger Akteure des weltweiten Jazzbetriebs: Hätte das Buch ein Personenregister (was es leider nicht hat), es wäre sehr lang und unglaublich gut besetzt.

Drama in Bad Godesberg

Doldingers Vita spiegelt fast 70 Jahre internationale Jazzgeschichte. Das macht das Buch als Quelle so wertvoll. Mit seinem charmanten Duktus im Plauderton nimmt uns der Saxofonist aber nicht nur zu den Hotspots der Jazzszene und zu den wichtigsten Protagonisten, sondern auch mit in sein Leben, das Leben eines bodenständigen und doch streckenweise genialen Musikers. Dessen Karriere auch knifflige Momente hatte. Etwa als 1969 der Drummer des Doldinger Quartetts Dees See dem Chef nach einem Konzert in Bad Godesberg beichtete, er wolle in Zukunft nur noch Free Jazz spielen und aussteigen. Wenig später tauchte in einem verbeulten R 4 ein junger Mann mit Pony, halblangen Haaren auf. Nett, veträumt, liebenswürdig, „nuckelte er an einem kleinen Kirschwasserfläschchen, das er stets mit sich führte“. Er packte sein Schlagzeug aus, Doldinger sein Saxofon. Man verstand sich auf Anhieb. Doldinger nahm den Neuen gleich mit zum Jazz-Festival in Prag mit. Der Drummer hatte sich mit „hallo, ich bin der Udo“ vorgestellt, Udo Lindenberg, lange vor seiner eigenen Karriere. Viele solcher Anekdoten finden sich in dem Buch. Und was es unwiderstehlich macht, sind die exzellenten Bilder und die Musiknummern, die man sich passend per QR-Code abrufen kann. Beschwingte Lektüre.

Bis zum 23. Dezember: Jeden Tag ein Geschenktipp aus der Feuilleton-Redaktion.

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