Neugierig auf die Stadt Fatima Hellberg ist die neue Direktorin des Bonner Kunstvereins

Bonn · Die Schwedin Fatima Hellberg ist seit Anfang Dezember die neue Direktorin des Bonner Kunstvereins. Im April war die Vorgängerin der 33-Jährigen, die Britin Michelle Cotton, nach Luxemburg ins Mudam, Musée d’Art Moderne Grand-Duc Jean, gewechselt.

 „Ich will kommunizieren, vermitteln, aktivieren“: Die neue Direktorin Fatima Hellberg hat große Pläne mit dem Bonner Kunstverein.

„Ich will kommunizieren, vermitteln, aktivieren“: Die neue Direktorin Fatima Hellberg hat große Pläne mit dem Bonner Kunstverein.

Foto: Benjamin Westhoff

Der Begriff „Emotion“ fällt im ersten Gespräch mit Fatima Hellberg häufig, sie ist neugierig, kontaktfreudig und hat dementsprechend ein volles Programm – quasi nebenher muss auch noch die Jahresgabenausstellung aufgebaut werden, am Donnerstag Pressekonferenz, tags drauf Jahresgabendinner, am Samstag Ausstellungseröffnung: Die 33-jährige Schwedin ist erst seit Montag im Amt der Direktorin des Bonner Kunstvereins und schon mitten drin in der Arbeit. Im April war ihre Vorgängerin, die Britin Michelle Cotton, nach Luxemburg ins Mudam, Musée d’Art Moderne Grand-Duc Jean, gewechselt. Der Vereinsvorstand ging unter dem Ersten Vorsitzenden Henning Boecker und mit externem Sachverstand rasant an die Nachfolgefrage, fand in Hellberg die offenbar geeignete Kandidatin für das Amt. Ihr Vertrag im Stuttgarter Künstlerhaus lief zum Jahresende aus, jetzt startet sie in Bonn durch.

Gefragt nach ihren Plänen, bittet sie um Geduld. Sie möchte erst in Ruhe die Bonner Kunstlandschaft sichten. Ihr sei bewusst, dass der Bonner Kunstverein eine „großartige kuratorische Geschichte“ und einen international exzellenten Ruf habe. Das sei ein gewachsenes Netzwerk, „das will ich weiter pflegen“, sagt sie. Und sie will den Ort aufladen, attraktiver machen. Hellberg: „Der Kunstverein soll eine Art Treffpunkt sein, ich will kommunizieren, vermitteln, aktivieren“, sagt sie. Hellberg interpretiert den Kunstverein als öffentlichen Raum, mit großem Potenzial. Sie denkt an Kooperationen mit Bonner Institutionen, sucht den Dialog und wünscht sich ein breites Spektrum: „Wir müssen interdisziplinär denken und mit unserem Programm auch Schnittstellen und einen Austausch zwischen den Gattungen der Kunst, Musik, Literatur und Theater erforschen“, erklärt die neue Chefin und berichtet von ihrer Zeit beim Künstlerhaus Stuttgart, wo es eine Mischung aus ambitionierten Ausstellungen und Einbindung der lokalen Szene gab. „Lokales und Internationales als Polaritäten zu sehen, ist falsch“, sagt Hellberg zu ihrem Ansatz.

In Bonn wird sie zunächst die Szene sichten, Ateliers und Ausstellungen besuchen, sich ein Bild machen, bevor sie ans Programm geht. Was will sie im Kunstverein zeigen? Die Qualität sei ausschlaggebend, meint sie, die Kunst müsse sie neugierig machen, „Ich muss intellektuell überzeugt von ihr sein, aber sie muss ebenfalls auf einer abstrakten oder emotionalen Ebene kommunizieren.” Hellberg freut sich auf die Arbeit mit den Räumen des Kunstvereins, auch wenn sie ihre Tücken haben: „Ich mag schwierige Räume, sie haben Persönlichkeit“, sagt sie, die gerne mit Rauminszenierungen arbeitet.

Das Ausstellungsprogramm in der ersten Jahreshälfte 2020 besteht noch aus Projekten der Cotton-Ära. Ab September 2020 wird man Hellbergs Handschrift erkennen. Bereits vorher will die Direktorin aber einzelne Akzente setzen und sich mit der Bonner Kulturlandschaft vertraut machen. Sie will Präsenz in der Stadt zeigen, ist deswegen schon nach Bonn gezogen. Zu ihrer Premiere im Kunstverein will sie noch nichts sagen, Gespräche mit interessanten Künstlern laufen aber schon, verrät sie. Anfang kommenden Jahres will Hellberg ein Konzept bis 2022 vorlegen.

Nach Bonn bringt die Schwedin nicht nur einige Pläne mit – die sie nicht verrät – sondern auch einen reichen Erfahrungsschatz. Vor ihrem Job als Künstlerische Leiterin am Künstlerhaus Stuttgart hat sie Ausstellungen für das Institute of Contemporary Arts (ICA), London; die Tate Modern; das CCA Wattis Institute for Contemporary Arts, San Francisco; die South London Gallery und die Malmö Konsthall kuratiert.

Hellberg war als Kuratorin in den Londoner Institutionen Cubitt und Electra tätig. Sie unterrichtete am Sandberg Institute, Amsterdam; an der Oxford University; der Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK) und der Akademie der bildenden Künste Wien. In Stuttgart realisierte sie ein kuratorisches Programm mit Ausstellungen und Projekten u. a. mit Gregg Bordowitz, Ellen Cantor, Bruce Conner, Hildegarde Duane, Ghislaine Leung, James Richards und Leslie Thornton.

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