Neu im Kino Film über die US-Juristin Ruth Bader Ginsburg

Bonn · „Die Berufung“ ist ein engagierter, aber braver Film über die Juristin Ruth Bader Ginsburg. Felicity Jones wirft in der Rolle einiges an Leinwand-Charisma in die Waagschale und baut Bader Ginsburg erfolgreich als feministische Sympathieträgerin auf

 Jurastudium als Männerdomäne: Felicity Jones als Ruth Bader Ginsburg in „Die Berufung – lhr Kampf für Gerechtigkeit“. FOTO: DPA

Jurastudium als Männerdomäne: Felicity Jones als Ruth Bader Ginsburg in „Die Berufung – lhr Kampf für Gerechtigkeit“. FOTO: DPA

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Die Erfolge der Frauenbewegung in den 1970er und 80er Jahren wurden nicht nur mit Demonstrationen auf der Straße, sondern vor allem auch vor Gericht in hartnäckigen juristischen Auseinandersetzungen erfochten. Das gilt besonders für die USA, deren Rechtssystem – anders als das deutsche – vornehmlich über Präzedenzfälle modifiziert wird. Ruth Bader Ginsburg ist in den Vereinigten Staaten eine Zentralfigur im juristischen Kampf um Gleichberechtigung. Zunächst als Rechtsanwältin und in den letzten 25 Jahren als Mitglied am Supreme Court setzte sie sich unermüdlich gegen die Diskriminierung von Frauen ein. Die heute 85-jährige Richterin ist eine Galionsfigur eines liberalen Amerikas, das in der Ära Trump gerade auch auf juristischer Ebene zunehmend in die Enge getrieben wird, wie die umstrittene Berufung Brett Kavanaughs zum Su-preme Court Ende vergangenen Jahres gezeigt hat. Gleich zwei Filme blicken zur Zeit auf das emanzipatorische Lebenswerk Bader Ginsburgs zurück.

Auf Julie Cohens und Betsy Wests Dokumentation „RBG – Ein Leben für die Gerechtigkeit“ folgt nun mit Mimi Leders „Die Berufung“ ein klassisches Biopic im Mainstream-Format. Zu Beginn des Films eilt ein Meer von Männern in dunklen Anzügen auf die juristische Fakultät der Harvard Universität zu, aus dem eine einzige Frau im knallblauem Kostüm hervorsticht. In einem Jahrgang von 500 Studierenden ist die junge Ruth (Felicity Jones) eine von neun Frauen, die 1956 an der altehrwürdigen Eliteuni das Jurastudium aufnehmen.

Unaufhörlich wird ihr vom Dekan klargemacht, dass der begehrte Studienplatz eigentlich einem Mann zustünde, weil Frauen in diesem Berufszweig ohnehin keine Chance hätten. Als Ruth nach dem Studium in New York als Anwältin Fuß zu fassen versucht, scheinen sich die Prophezeiungen zu bestätigen. Während ihr Mann Marty (Armie Hammer) als Steueranwalt durchstartet, wird Ruth auf die Stelle einer Unidozentin abgeschoben.

Der Beginn einer Karriere

Erst in den 1970ern wird ein unscheinbarer Steuerfall aus Martys Kanzlei für Ruth zum Türöffner. Ein unverheirateter Mann, der seine schwer kranke Mutter pflegt, kann dafür keine Steuererleichterungen geltend machen, weil dies traditionell Aufgabe von Frauen sei, die dafür in den Genuss staatlicher Vergünstigungen kommen. Ein klarer Fall von Benachteiligung aufgrund der Geschlechtszugehörigkeit und gerade deshalb justiziabel, weil sie einen Mann trifft. Mit dem Präzedenzfall könnten jedoch in Zukunft auch die zahlreichen Fälle von gesetzlicher Diskriminierung von Frauen aufgeknackt werden.

In „Die Berufung“ folgt Regisseurin Mimi Leder einer klassischen Gerechtigkeitskämpferinnen-Dramaturgie, die über herbe Rückschläge zum finalen Triumph führt. Felicity Jones wirft in der Rolle einiges an Leinwand-Charisma in die Waagschale und baut Bader Ginsburg erfolgreich als feministische Sympathieträgerin auf.

Auch Armie Hammer macht als loyaler Ehemann, der sich schon einmal die Schürze umbindet, eine gute Figur. Aber gegen Leders äußerst konventionellen und zuweilen auch recht plakativen Inszenierungsstil, der wenig Widersprüche in der Figurenzeichnung zulässt, können sie wenig ausrichten. Man verlässt das Kino durchaus interessiert, aber auch mit dem sicheren Gefühl, dass eine mutige Frau wie Ruth Bader Ginsburg einen sehr viel mutigeren Film verdient hätte. ⋌Rex, Filmbühne

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