Interview Geben und Nehmen

Benedikt Holtbernd, Künstlerischer Geschäftsführer des Deutschen Musikrates in Bonn, engagiert sich auch für die Kulturszene seiner Wahlheimat. Seit Sommer ist er Vorsitzender des Vereins der Opernfreunde, den er noch stärker als bisher als Förderverein profilieren will.

 „Man kommt nicht mehr davon los“: Benedikt Holtbernd.

„Man kommt nicht mehr davon los“: Benedikt Holtbernd.

Foto: Benjamin Westhoff

Bevor Sie zum Deutschen Musikrat nach Bonn kamen, waren Sie Künstlerischer Betriebsdirektor der Semperoper in Dresden. Mittlerweile sind Sie hier Vorsitzender der Opernfreunde. Die Oper lässt Sie nicht los, oder?

Benedikt Holtbernd: Oper ist ein wesentlicher, wenn nicht sogar der wesentliche Bestandteil der Musik. Sie erzielt beim Publikum die größte Wirkung und steht bei den Komponisten ganz oben auf der Rangliste: Man fragt immer zuerst nach den Opern, dann folgen die Sinfonien, und danach erst kommt die Kammermusik. Das ist musikalisch vielleicht gar nicht einmal richtig, in der Kammermusik finden wir oft die höhere geistige Durchdringung, aber wirkungsvoll ist eben die Oper. Und wenn man einmal mit der Oper zu tun hatte, kommt man nicht wieder davon los. Insofern freut es mich sehr, dass ich als Vorsitzender des Vereins der Opernfreunde wieder etwas für diese Kunstform tun kann.

Sie haben durch ihre berufliche Vergangenheit einen professionellen Zugang zum Theater. Inwiefern kommt Ihnen das hier entgegen?

Holtbernd: Nicht zuletzt weiß ich dadurch, die Aufgaben des Vorsitzenden zu relativieren. Es gibt den Intendanten, der die künstlerische Ausrichtung der Oper bestimmt. Es ist gerade nicht die Aufgabe der Opernfreunde, da mitzureden. Viel wichtiger ist es, die Anliegen der Oper und ihres Intendanten zu unterstützen. Ich weiß aus meiner eigenen Erfahrung, dass die Theaterleiter sehr dankbar dafür sind, wenn sie aus der Bevölkerung oder zumindest aus den aktiven Zuschauern heraus eine ideelle – und auch finanzielle – Unterstützung bekommen.

Wie viel Opernfreunde stehen hinter Ihnen?

Holtbernd: Derzeit haben wir ungefähr 700 Mitglieder.

Warum engagieren die sich bei den Opernfreunden?

Holtbernd: Wenn man Freund ist, zeichnet sich das durch ein Geben und Nehmen aus. Das heißt, der Opernfreund bekommt Möglichkeiten eines spezifischen Zugangs zum Theater, um näher dran zu sein, an den Künstlern und an der künstlerischen Leitung, um die Kunst der Oper weiter zu durchdringen. Da bieten wir einiges an, zum Beispiel den Besuch von Generalproben oder von anderen Proben. Interessierte lernen, die professionelle Arbeit an einer Produktion so noch mehr wertzuschätzen. Das andere ist das Geben: Da müsste man noch mehr Motivation bei den Opernfreunden abrufen. Ich glaube, viele wollen das auch, sie haben nur noch nicht die Ausdrucksmöglichkeiten dafür.

Welcher Art wären diese Ausdrucksmöglichkeiten?

Holtbernd: Vorstellbar ist, dass sie bestimmte Patenschaften übernehmen. Wir sind gerade dabei, für die Opernfreunde in Abstimmung mit der Theaterleitung ein Förderkonzept zu erarbeiten. Das verstehe ich – rein finanziell gesehen – auch unter Geben. Darüber hinaus gibt es natürlich die Mitgliedsbeiträge, aber es sollen auch die Möglichkeiten für private Zuwendungen ausgeweitet werden. Wir haben uns eine intensivere Förderung des Nachwuchses vorgenommen. Es gibt ja bereits seit einiger Zeit die Zusammenarbeit der Oper mit der Musikhochschule in Köln. Da wollen wir uns einbringen, indem wir diese notwendigen Aktivitäten des Theaters unterstützen. Wir könnten zum Beispiel eine Patenschaft übernehmen.

Und darüber hinaus?

Holtbernd: Wir haben ein wunderbares Projekt, das in der Öffentlichkeit noch viel zu wenig bekannt ist: „Schüler in die Oper“. Wir übernehmen die Kosten für die Eintrittskarten und betreuen die Schüler im Sinne der Musikvermittlung zusammen mit einer Theaterpädagogin. Da wollen und müssen wir uns finanziell einbringen. Wie wichtig das ist, weiß ich auch von meiner Arbeit beim Deutschen Musikrat, der sich ja die Nachwuchsförderung maßgeblich auf die Fahnen geschrieben hat. Breitenförderung und Spitzenförderung müssen unbedingt zusammengehen. Dazu gehört auch, dass man Leuten ganz niederschwellig die Möglichkeit gibt, in die Oper und ins Theater zu gehen.

Sie sind ja nun auch Vorsitzender des Fördervereins der Musikschule. Gibt es da Synergien?

Holtbernd: Gerade erst hat die Musikschule ja im LVR Landesmuseum die Oper „Venus und Adonis“ aufgeführt – an deren Vorbereitung ich allerdings noch nicht beteiligt war –, die von den Opernfreunden finanziell mitgefördert wurde und eine Zusammenarbeit mit der Musikschule war. Im Zusammenspiel des Vorsitzes in beiden Vereinen geht es mir wesentlich darum, das Netzwerk hier in der Stadt Bonn zu stärken. Wenn man bedenkt, dass die Musikschule über 5000 Schüler hat, ist das ein bedeutender Kreis. Zumal auch die Eltern dabei sind. Die Bonner Musikschule ist eine der größten und erfolgreichsten deutschlandweit. Aber auch sie müssen wir aktiv an die Oper heranführen und ihnen die Möglichkeiten geben, sich musikalisch beteiligen zu können. In welcher Form das geschehen kann, wäre noch zu überlegen.

Welches Gewicht hat die Oper in der Kulturlandschaft?

Holtbernd: Es ist wichtig, zu sagen, die Oper ist das Kulturzen-trum nicht nur der Stadt Bonn, sondern auch des Rhein-Sieg-Kreises. Allein aus dem Vorstand kommen mehr als die Hälfte aus der Region. Die müssen sich mit einbezogen fühlen und sagen: „Das Bonner Theater ist unser Theater, da gehen wir hin.“ Da sprechen wir von einem Millionen-Einzugsgebiet.

Das würde auch bedeuten, dass sich die Region, etwa der Rhein-Sieg-Kreis, stärker finanziell beteiligen müsste?

Holtbernd: Richtig. Wir müssen auch da im Dialog mit der Politik immer wieder für die Oper werben.

Wie sehen Sie dem Beethoven-Jubiläum entgegen?

Holtbernd: Da wird die Stadt Bonn ein Jahr lang in Musik schwelgen. Es ist großartig, dass der Bund gerade beschlossen hat, 27 Millionen Euro für das Jubiläumsjahr zu bewilligen, und dass davon allein 15 Millionen Euro nach Bonn fließen werden. Wir werden als Förderverein alles dafür tun, dass die Musikschule sich aktiv in das Jubiläumsjahr einbringen kann. Und das sollte auch zusammen mit den Opernfreunden, der Oper und dem Beethoven Orchester gehen.

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