„Die Currywurst Queen“ Premiere in Bonn Gourmet-Imbiss statt Frittenbude

Bonn · Im Contra-Kreis-Theater feierte das Stück „Die Currywurst Queen“ Premiere. Imbissbuden-Besitzerin Dörte kommt darin unverhofft zu Reichtum und krempelt ihr Dasein um.

An Dörtes Currywurstbude sind alle gleich: Eine Szene aus „Die Currywurst Queen“.

An Dörtes Currywurstbude sind alle gleich: Eine Szene aus „Die Currywurst Queen“.

Foto: Landesbühne Neuwied

Und immer wieder geht die Sonne auf, wenn Dörte morgens ihren Kittel überzieht und ihren Imbiss öffnet. Da treffen sich der müde Taxifahrer Heiner (Thomas Peters), der wieder mal zu wenige Fahrten hatte und wie üblich anschreiben lässt, der freundliche Müllwerker Günni (Sören Ergang), eine nicht ganz nüchterne Nonne, ein Obdachloser, der junge Mann im peinlichen Geflügelkostüm von der Nachtschicht am Hähnchengrill und die junge Mutter Mandy (Stella Withenius) mit dem schreienden Baby, dessen Vater als Lehrer kurz vor Unterrichtsbeginn nicht gestört werden möchte. Wobei der Babysitter-Boogie schnell seine Wirkung zeigt.

Die aufgeweckten Senioren auf der Suche nach Supermarkt-Schnäppchen kommen etwas später, die Hippies und die hippen Start-Up-Typen erst, wenn der Tag schon weiter fortgeschritten ist. Es ist also ein bunter Querschnitt durch die Gesellschaft mit Stammgästen eher aus der unteren Einkommensklasse und Zufallsgästen aus höheren Regionen. Das überraschend auftauchende Flugbegleiterinnen-Ballett in türkisfarbenen Uniformen macht jedenfalls klar: Wenn der Nahverkehr schon nicht funktioniert, muss die Freiheit über den Wolken wohl grenzenlos sein.

Die sympathische Dörte hat für alle ein gutes, gern auch robustes Wort und vor allem ein großes Herz. Leider sieht es – deswegen oder trotzdem – finanziell nicht so rosig aus, weshalb eine strenge Gerichtsvollzieherin (Thea Seibert von Fock) mit der Pfändung der Currywurstbude droht. Da hilft auch Dörtes geliebter Goldfisch Polly nichts, der sich in seinem Glas wahrscheinlich für einen sündhaft teuren Koi hält. Womit die Story der „Currywurst-Queen“, die am Dienstag im ausverkauften Contra-Kreis-Theater ihre stürmisch umjubelte Bonner Premiere feierte, fast schon klar ist. Denn Wunder gibt es zwar immer wieder, und mit siebzehn hat man noch Träume, aber Polly wäre im edlen Luxusteich schnell verloren.

Schick beleuchteter Edel-Imbiss

Dörte findet also einen Haufen Geld, wünscht sich nicht mehr nur eine neue Fritteuse, sondern will aus ihrem schlichten Imbiss einen Gourmet-Treffpunkt für die urbane Schickeria machen. Für Leute mit „Style“ und Kohle. Im Bühnenbild von Tom Grasshof hat sich die alte Currywurstbude nach der Pause in einen schick beleuchteten Edel-Imbiss verwandelt mit Champagner-Ausschank und französischem Koch (Tobias Ziebold), der seine Menü-Lyrik sternverdächtig zelebriert. In der Inszenierung von Axel Weidemann prasseln die Pointen und Gags in atemberaubendem Tempo. Immer wieder für Überraschungen gut sind auch die Kostüme von Monika Seidl. Rund fünfzig Outfits hat sie den neun, irrwitzig schnell die Rollen wechselnden Akteuren auf den Leib geschneidert, was eine perfekte Logistik hinter den Kulissen verlangt.

Nur Dörte (Katrin Höft) bleibt in der höchst vergnüglichen Mischung aus Situationskomik und Schlager-Revue stets sie selbst, auch wenn sie sich Dolores nennt. Sprach-Coaching, Heidis Model-Lehre oder Diven-Gewand, Currywürste aus Athen, Currywurst atemlos in der Nacht oder der Guru aus der Aquarius-Epoche – alles vergeblich. Das Geld ist sowieso bald futsch, aber mit dem fabelhaft tanzenden (Choreografie: Alina Schaumburg) und singenden (musikalische Leitung: Thomas Guthoff) Ensemble kann die Geschichte mit ihrer schlichten Wir-Gefühl-Moral nur gut ausgehen.

Neben den bereits genannten Mitgliedern des munteren Teams sorgen noch Vera Gobetz und Kenny S. Cassel in kaum zu zählenden Rollen für beste Laune. Spätestens bei Wolfgang Petrys Hit „Das ist der Wahnsinn“ singt das Publikum den „Höllen“ Refrain begeistert mit. Den größten Spaß machen jedoch die trippelnden Rollator-Omas, die sicher wissen: „Liebeskummer lohnt sich nicht.“ Bevor alle die Bühne rocken und niemand mehr daran zweifelt: Für diese Currywurst Queen muss es rote Rosen (pardon: natürlich Currywürste) regnen. Die Koproduktion mit dem Landestheater Rheinland-Pfalz – in Neuwied gibt es tatsächlich ein Currywurst-Festival – macht einfach Riesenspaß. Nach zweieinviertel unterhaltsamen Stunden beglückter Applaus mit Standing Ovations.

Nächste Vorstellungen bis zum 26. März fast täglich. Kartenreservierungen unter ☎ 0228/63 23 07. Spielplaninfos und Online-Tickets unter www.contra-kreis-theater.de 

Meistgelesen
Neueste Artikel
Held ohne Heldenpose
“One Life“ mit Anthony Hopkins Held ohne Heldenpose
Zum Thema
Aus dem Ressort