Das Feuer des Prometheus Highlights des Internationalen Tanzes in Bonn

Bonn · Paul Taylors American Modern Dance mit brillanten Choreografien ist zu Gast in der Bonner Oper.

 Kraftvolle Choreografie: Szene aus Pal Taylors „Promethean Fire“.

Kraftvolle Choreografie: Szene aus Pal Taylors „Promethean Fire“.

Foto: B.Goode

Paul Taylor ist einer der größten Choreografen des modernen Tanzes. Kraft und Ästhetik, aber auch die Auseinandersetzung mit heiklen Themen kennzeichnen die 146 Choreografien des 86-jährigen Amerikaners. Mit „The Word“ von 1998 eröffnet seine Compagnie „Paul Taylor's American Modern Dance“ ihr Gastspiel in der Bonner Oper.

Zur Debatte stehen Bigotterie und religiöser Fanatismus an einer Schule, die ihre Zöglinge mit kurzen Hosen, Kniestrümpfen, Krawatten und einem starren Regelkorsett auf Linie bringt. Die identisch gekleideten Tänzer haben beim Abholen der Schuluniform auch ihre Individualität an der Garderobe abgegeben; sie marschieren wie aufgezogen im Gleichschritt, zucken und schlenkern wie Marionetten.

Eigener Wille? Fehlanzeige. Bis Parisa Khobdeh als bezaubernder Dämon die Disziplin der Truppe gehörig auf die Probe stellt. Wie ein frischer Windstoß fährt sie in die Reihen, versucht und verwirbelt sie. Und während sich das Publikum noch fragt, ist das nun Bedrohung oder Befreiung, nimmt die Choreografie immer mehr Fahrt auf.

„The Word“ ist mit 32 Minuten ein wenig zu lang, aber ein herausragendes Beispiel für Taylors expressive Formensprache. Die spielt auch in „The Weight of Smoke“ eine große Rolle, aber der Choreograf heißt hier nicht Paul Taylor: Doug Elkins kombiniert in seinem 2016 zusammen mit den Tänzern erarbeiteten Stück das Vokabular des Meisters mit Street Dance, fließenden Pas de deux à la Contemporary sowie mit Finten und Kicks aus der Capoeira-Schule.

Leidenschaft und Erfindungsreichtum

Das in lässige Straßen-Outfits gekleidete Ensemble teilt sich auf in wechselnde Duos, Trios und Quartette, das wird nicht langweilig, wirkt aber bis zur Mitte so, als würden die Tänzer die eklektische Choreografie herunterdeklinieren, ohne wirklich daran zu glauben. Doch nicht zuletzt dank des gelungenen Soundtracks, der verschiedene Händel-Werke verfremdet und mit satten House-Beats kombiniert, erwacht der Tanz zum Leben. Cool, witzig, erotisch und mit zunehmendem Tempo sorgt der Kontrapunkt zwischen Ballett und Boyz n the Hood am Ende dafür, dass Rauch zu Feuer wird.

Zum Abschluss mit „Promethean Fire“ noch einmal ein klassischer Taylor voller Leidenschaft und Erfindungsreichtum: Entstanden nach dem 11. September 2001, verhandelt die streng durchkomponierte Choreografie Katastrophe und Wiedergeburt. Jennifer Tiptons dramatisches Licht setzt die schwarzsamtenen, mit Glitzerstreifen diagonal besetzten Jumpsuits gebührend in Szene, wenn sich die Truppe zu Bachs Toccata und Fuge in d-Moll zu großartigen Gebäuden auftürmt und wieder in sich zusammenfällt.

Licht und Dunkel heben die architektonischen Formen plastisch hervor, die immer in Bewegung bleiben: Geraden und Kurven verschieben sich, brechen auseinander, Bewegungen wechseln fließend von einer Linie in die andere. An „Promethean Fire“ gibt es keine überflüssigen Details, mit sparsamen, aber um so effektiveren Mitteln kontrolliert Taylor die unbändige Energie des Tanzes.

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