Sportfreunde Stiller in Bonn Hymnen auf das gute Leben

Bonn · Sportfreunde Stiller sorgen im Telekom Forum lässig und unaufgeregt für Stimmung

 Peter Brugger, Frontmann der Sportfreunde Stiller (links) und Drummer Flo Weber.

Peter Brugger, Frontmann der Sportfreunde Stiller (links) und Drummer Flo Weber.

Foto: Thomas Kölsch

Nein, singen kann Peter Brugger einfach nicht. Immer noch nicht, muss man sagen, trotz einer inzwischen fast 30-jährigen Karriere als Musiker und Frontmann der Sportfreunde Stiller. Aber wozu auch? Die Fans, die sich an diesem Abend auf dem Bonnlive-Open-Air-Gelände versammelt haben, genießen  das Konzert des Trios schließlich selbst auf diesem Level in vollen Zügen und singen die Lieder ausgelassen mit, sodass Bruggers intonationsschwache Stimme mitunter gar nicht gebraucht wird. Kein Wunder also, dass die Sportis nach einer selbst verordneten Auszeit wieder an jenem Punkt anknüpfen, an dem sie 2018 aufgehört haben und der wiederum musikalisch und konzeptionell mehr oder weniger deckungsgleich mit ihrem Einstand ist: Alles bleibt so, wie es war, mit hymnisch grölenden Fan-Gesängen auf und für das Leben und wild rockenden, im Grunde aber überschaubaren Kompositionen aus dem Grabbelkasten des Indie-Pop. Egal, für den Erfolg reicht es, alles andere wäre eine unnötige Anstrengung. Und auf die hat das Trio schlicht und ergreifend keine Lust.

Das Geheimnis der Sportis ist ihr Talent für Hooklines in Ohrwurm-Qualität, für einfache und zugleich effektive Refrains, die überall gleichermaßen funktionieren, in New York, Rio, Rosenheim und eben in Bonn. Applaus, Applaus, für diese Leistung – aber letztlich lässt sich dies auch für die meisten Stadiongesänge sagen.

Besser klingt Brugger nun einmal nicht, zumindest nicht an diesem Abend vor dem Telekom-Forum, ob er sich nun an sanften Balladen versucht oder an Sprechgesang, an inhaltsleeren Phrasen und pseudo-poetischer Bildsprache aus der Glückskeksfabrik. „Jetzt zum allerletzten Mal, wir waren niemals erste Wahl“, rotzt Brugger an einer Stelle mit deutlicher Punk-Attitüde in die Menge, nur um die Sportis kurz darauf als die deutschen Backstreet Boys zu überhöhen.

Immerhin kann man den Sportfreunden Stiller nicht absprechen, dass sie es gut meinen. Mit dem Titellied ihres aktuellen Albums „Jeder nur ein X“ versuchen Sie, den Zusammenhalt aller demokratieliebenden Menschen zu beschwören, mit „Wächter“ thematisieren sie Depressionen und – tja, das war’s mit Inhalten. Was bleibt, sind Hymnen auf die anderen. Oder schlimmeres. Liebeslieder zum Beispiel, in denen Brugger auf Bukowski und Brecht anspielt, die eigenen Verse aber eher aus alten Poesiebüchern zusammengeklaubt hat, während Bassist Rüdiger „Rüde“ Linhof und Drummer Flo Weber einfach draufhauen. Und das Ergebnis?

Die Stimmung ist gut

Das Publikum tobt, die Stimmung ist top. Selbst jene, die zum allerersten Mal auf einem Sporti-Konzert sind (und das sind einer Umfrage von Brugger zufolge die Mehrheit der Besucher), können die schlichten Songs innerhalb kürzester Zeit mitsingen und feiern das Trio enthusiastisch. Um so verstörender ist es, als die Sportis nach gerade einmal 75 Minuten zum ersten Mal die Bühne verlassen. Kann doch noch nicht vorbei sein? Nein, keine Sorge. Die kommen wieder. Und zwar mit einer besonderen Überraschung. Während Weber und Linhof noch die letzten Töne von „Du bist eine Bank“ spielen, steigt Brugger schon ins Publikum, singt und tanzt mit den Fans und klettert schließlich am gegenüberliegenden Ende des Platzes auf eine kleine Zusatzbühne direkt vor dem Mischpult, um aus dieser für ihn ungewohnten Perspektive ein paar Takte von „Ich, Roque“ zu spielen.

Danach muss er aber wieder zurück, begleitet von Metallica-Riffs und der „Rock ‚n‘ Roll Queen“ der Subways, um noch ein paar Fan-Gesänge anzuleiten und das Konzert auf über 100 Minuten zu bringen. Das wäre jetzt nicht nötig gewesen. Aber was soll’s. Immerhin ist die Menge glücklich. Auch das bleibt also so, wie es war.