Jazz im Kammermusiksaal Jazz-Pianospiel mit leichter Hand
Bonn · Der walisische Jazzpianist Gwilym Simcock zu Gast im Kammermusiksaal des Beethoven-Hauses: Sein erstes Solokonzert nach dem Lockdown.
Was man im Corona-Lockdown nicht alles macht. Gwilym Simcock, walisischer Jazzpianist mit Wohnsitz in Berlin, etwa zeugte ein Baby, das jetzt acht Monate alt ist, ihn nicht nur zur Komposition einer zarten, vor Glück schwebenden Ballade inspirierte, sondern auch zu einem ganz pragmatischen Stück, dem „One Hand Blues“, einer sehr schönen, bodenständigen Nummer, die man fast nur mit der rechten Hand spielen kann, während man im linken Arm den Nachwuchs trägt. Ansonsten war Simcock fleißig, hat die Zeit für weitere Stücke genutzt.
Das alles erzählte Simcock, ehemaliges Wunderkind, dann von der Kritik hochgelobter „Jazz Superstar“, bei seinem zweiten Konzert im Kammermusiksaal am Donnerstagabend in der exzellenten „Aspekte“-Reihe. Ein besonderer Auftritt, wie er verriet: Das erste Solokonzert seit zwei Jahren. Dementsprechend mitteilungs- und spielfreudig war der 40-Jährige. Simcock ist ein Pianist, der seine klassische Prägung ebenso wenig verleugnen will, wie er seine Liebe zum Jazz mit leichter Hand auslebt, er liebt das üppige, pastose, gleichsam orchestrale Pianospiel ebenso wie die Arbeit mit Synkopen, Blue-Notes, Rhythmuswechseln. Fließend gehen seine Improvisationen von einer Spielart in die andere.
Filigranes Innenleben
Dabei ist Simcock kein Mann der Extreme, der Provokation, sondern Fan der Harmonie, des Wohlklangs. Richtig aufregend, im Sinn des Wortes, ist sein Spiel nicht, dabei aber dank seiner Komplexität oft spannend. Vor allem, wenn er vom Tastendonner absieht, sich dem filigranen Innenleben seiner Stücke widmet, in der Langsamkeit die Essenz herausarbeitet.
Durchaus hörbar stellte Simcock seine Lieblinge ins musikalische Scheinwerferlicht, zelebrierte den Latinoflair von Carlos Jobim und Egberto Gismonti, ließ sich von der Leichtigkeit der 1970er-Jahre-Band Steely Dan forttragen und von dem Jazztrompeter Kenny Wheeler verführen, landete irgendwann bei Standards wie „In Your Own Sweet Way“, blieb aber stets und virtuos als Gwilym Simcock erkennbar. Das Publikum war beglückt.
Das Konzert wird am 26. April, 21.05 Uhr, im Deutschlandfunk gesendet