Musikreihe Jazzfest Bonn in der Universität

Bonn · Das Jazzfest Bonn gastierte mit dem Julia Hülsmann Oktett und den Yellowjackets in der Universität: Klare Kontraste, die Grenzen des Jazz ausloten und bisweilen übertreten.

 Acht auf einen Streich: Julia Hülsmanns Oktett. FOTO: JAZZFEST/SCHNABEL

Acht auf einen Streich: Julia Hülsmanns Oktett. FOTO: JAZZFEST/SCHNABEL

Foto: Schnabel

Auch am neunten Abend des Jubiläums-Jazzfests blieb Intendant Peter Materna seinem Konzept treu: klare Kontraste, die Grenzen des Jazz ausloten und bisweilen übertreten. Die Bonner Jazzpianistin Julia Hülsmann übernahm in der Universität den Part der Grenzgängerin, indem sie ihr Oktett auf den Pfaden zwischen Kunstlied und Chanson flanieren ließ. Danach verkörperten die Yellowjackets auf brillanteste Weise die wahre Lehre des Jazz. Beim diesjährigen Festival, das von Pop bis Techno und Rock bis Soul und Funk das Spektrum mehr als ausreizt, ist das Element des puristischen Jazz fast schon eine Randposition.

Streicherklänge und perlende Pianoläufe, dazu ein betörendes Schlagzeug, das fein sekundierte, bisweilen aber auch erfrischend ausbrach, und dann die wunderbare Stimme der Angolanerin Aline Frazão – so startete Hülsmanns Ensemble in den Abend. Mit der brasilianischen Ballade „Coisário de Imagens“ von Rosanne & Zélia stimmte das Ensemble das Publikum ein. Cello und Violine steuerten den nötigen Schmelz bei. Von dem herrlich dekonstruierten „Come Together“ von den Beatles bis zu Hülsmanns „You Come Back“ nach Margaret Atwood spannte die Oktett-Chefin den weiten Bogen für das Sängertrio – dem auch noch die exzellenten Maria Roggen und Michael Schiefel angehörten – und die Instrumentalisten.

Die anspruchsvollen Arrangements stammen von Hülsmann, die Stücke von Ensemblemitgliedern oder auch von Alanis Morisette, deren „Your Congratulations“ sehr fein in kleiner Besetzung erklang. „Hatchet“ von Archive krönte am Ende den Auftritt von Hülsmanns melancholisch bis beschwingt dahintreibenden Achter.

Geschmeidiger Sound

Eine Überleitung zu den Yellowjackets zu suchen, ist müßig. Da liegen Welten dazwischen. Diesen hoch differenzierten, unglaublich präzisen, mitunter aber auch sehr routinierten, coolen und ausgeruhten Jazz, diesen weichen, geschmeidigen Sound haben sich die Gelbjacken (auch eine Wespenart wird so genannt) in vierzig Jahren erarbeitet.

Wer auch immer im Laufe der Jahre in dieses Ensemble als Mitspieler einstieg, passte sich diesem Mainstream an. Gründungsmitglied, begnadeter Pianist und Keyboarder und Chefarrangeur Russell Ferrante hat nicht nur den zwischen Jazz, Pop, Latin und Rock oszillierenden Fusion-Stil geprägt, er könnte auch erzählen, wie er diese Mixtur über vier Jahrzehnte gerettet hat.

In der Uni führte er das Quartett wunderbar an, Sprecher aber war Bob Mintzer, seit 1990 dabei. Am Samstag noch hatte er als Chef der WDR Big Band im Telekom Forum mit zwei herrlichen Saxofon-Soli Appetit auf mehr gemacht. Tags drauf in der Uni konnte er sein fließendes Spiel, seine tolle Improvisationskunst ausleben. Er nutzte die Chance und glänzte gleich zu Beginn in „Spirit oft the West“ von Ferrante und dann hinreißend in der Eigenkomposition „Tenacity“, wo er sich mit dem Pianisten einen Dialog auf höchstem Niveau gönnte. Interessant, wie Ferrante dabei an Aggressivität zulegte, während Mintzer ganz bei sich blieb. William Kennedys Schlagzeugsolo krönte dieses Klassestück.

Die Ballade „Be Yourself“ kühlte die Stimmung wieder runter. „Why is it“ mit aggressiver Orgel und funky Bass (Dane Alderson) sorgten im schnellen Tempo kurz vor Ende des Konzerts für Adrenalinschübe beim Publikum, das derlei Attacken von den kultivierten Jackett-Herren nicht erwartet hätte.

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