Fotokunst in Rhöndorf Kanye West und der Gockel

Bonn · Die Sammlerin Andra Lauffs-Wegner zeigt die Preisträgerin Heji Shin in ihrem Rhöndorfer Kunstraum KAT_A. Bekannt wurde sie mit Porträts des Rappers Kanye West.

 Blick in die Ausstellung: Heji Shins riesige Porträts von Kanye West flankieren ein Bild des Rappers mit seiner Tochter North.

Blick in die Ausstellung: Heji Shins riesige Porträts von Kanye West flankieren ein Bild des Rappers mit seiner Tochter North.

Foto: Thomas Kliemann

Das kann kein Zufall sein. Da hängen im Rhöndorfer Kunstraum KAT_A (Kunst am Turm_Andra) drei überdimensionale Porträts des Star-Rappers Kanye West quasi in einer Reihe leicht versetzt an der Wand. Und genau gegenüber sieht man drei riesige Gockel, zum Teil in aggressiv gespreizter Pose oder mit aufgerissenem Schnabel. Ein witziger Kommentar zum Proll-Gehabe in der Rapperszene? Eine Replik auf das bisweilen skandalträchtige Leben von Mr. West?

Nun, alles halb so schlimm. Die vermeintlich aggressiven Hähne seien eigentlich im Moment angstvoller Anspannung fotografiert worden, erklärt die Sammlerin Andra Lauffs-Wegner. Und West erscheint in den beiden Porträts eher gelangweilt als bedrohlich. Das Bild in der Mitte zeigt ihn als rührenden Vater seiner wirklich niedlichen Tochter North. Er trägt sie auf Schultern. Beide sind gelb angezogen, verschmelzen geradezu. Sein Gesicht verschwindet im Schatten, ihre Silhouette zeichnet sich wunderbar vor dem Hintergrund ab.

Idylle vor Giraffen

 Lichtkunst in der Kapelle: „Smoke“ von Cosima von Bonin, 2008.

Lichtkunst in der Kapelle: „Smoke“ von Cosima von Bonin, 2008.

Foto: Thomas Kliemann

Der wirft Rätsel auf: Ist das eine Fototapete mit Giraffen? Eine Montage? Eine reale Situation auf Safari? Das Bild heißt „Kanye and North in Uganda“, wirkt aber artifiziell wie im Studio. Die Fotokünstlerin Heji Shin arbeitet gerne mit solchen Irritationsmomenten, wie ihre Ausstellung im KAT_A zeigt. Wir sehen bedrohliche Röntgen-Selbstporträts mit Kampfhunden, Topmodels, die in Schwarz-Weiß-Aufnahmen mit schwerem Gerät Krieg spielen („Call of Duty“), einen Pavian, der die Filmrolle aus einer Supreme-Kamera von Yashica gezerrt hat: „Embedded photographer (newspeak)“.

Hommage an die „Mamma“

Wunderschön ist die dreiteilige Schwarz-Weiß-Serie „Mamma“, in der die südkoreanische Künstlerin ihrer Mutter einen Auftritt verschafft. Der erste Blick richtet sich natürlich auf die langbeinigen Models, die auf zwei der drei  Bilder zu sehen sind. Statisten, Eye-Catcher, Figuren, die in ihrem aufreizenden Gelangweiltsein völlig aufzugehen scheinen. Shins kleine Mutti stiehlt den Schönheiten die Show: Mal sieht man sie, wie sie mit gesenktem Kopf eine Nudelsuppe zubereitet, dann kramt sie etwas aus der Mülltonne heraus oder blättert in ihrer Brieftasche. Sie erscheint als authentische Figur in einer Welt steriler Superfrauen.

Unter die Haut geht eine Serie mit Bildern von gerade geborenen Babys im halbdunkel beleuchteten Raum. Man sieht Blutspuren, kleine, verdrückte Gesichter und geschlossene Augen, möchte keinen Moment daran denken, sie könnten tot sein. Heji Shin lässt den Betrachter mit seinen Gedanken allein. 

Wolfgang Tillmans als Pate 

Als die Sammlerin Lauffs-Wegner den Wunsch verspürte, einen Preis für junge Kunst auszuloben, aber keine Lust auf Findungsgremien und Jurys hatte, verfiel sie auf die Idee, einen ihrer prominenten Künstler nach einem geeigneten Kandidaten zu fragen. Die Bildhauerin Isa Genzken und der Foto-Superstar Wolfgang Tillmans hatten 2021 eine fantastische Ausstellung im KAT_A. Lauffs-Wegner bat Tillmans  um einen Tipp, er nannte Heji Shin, die 1976 in Seoul geborene Künstlerin mit Wohnsitzen in Berlin und New York. Der Preis ist mit 10 000 Euro dotiert.

Lauffs-Wegner rundet die ausgezeichnete Schau über ihre Preisträgerin mit einer schönen Auswahl von Lichtobjekten aus ihrer Sammlung ab, die sie sehr effektvoll in der ehemaligen Kapelle zeigt. Zu sehen sind etwa Werke von Künstlern wie Cosima von Bonin (brennende Zigarette „Smoke“), Angela Bulloch („Double Standard“), Olafur Eliasson (Prisma), Daniel Pflumm (zwei Blautöne, „Hamburg Mannheimer“) und Jeppe Hein „Root Chakra“).

KAT_A, Bad Honnef-Rhöndorf; bis 25. März. Sammlerin Andra Lauffs-Wegner führt durch die Ausstellung. Anmeldung unter info@kat-a.de

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