Abba und die künstliche Intelligenz KI ist weder künstlich noch intelligent

Bonn · Abba-Musiker Björn Ulvaeus ist begeistert von KI, Konzerne träumen von den Möglichkeiten der künstlichen Intelligenz, für deren Entwicklung ein Heer unterbezahlter Menschen in Ländern des globalen Südens arbeitet.

 Björn Ulvaeus spricht über künstliche Intelligenz.

Björn Ulvaeus spricht über künstliche Intelligenz.

Foto: dpa/Sebastian Raabe

Abba-Mitgründer Björn Ulvaeus ist ganz begeistert von ChatGPT, einer Chatsoftware, in der eine künstliche Intelligenz Fragen der Nutzer beantwortet. Und er ist sicher, dass künstliche Intelligenz (KI) Auswirkungen auf die Musikindustrie haben wird. „Künstliche Intelligenz wird Lieder schreiben, die besser sind, als einige der rund 100 000 Songs, die jeden Tag neu bei Spotify erscheinen. Da bin ich mir absolut sicher“, sagte er in einem Interview. Das könnte sich zur Bedrohung für Songwriter auswachsen, meinte er, aber nicht für die wirklich Guten, zu denen er sich offenbar zählt.

Die Schlechten könnten ja, spinnt man den Gedanken weiter, bei Firmen wie Mechanical Turk anheuern, der Crowdsourcing-Plattform von Amazon, wo unter anderem die KI trainiert wird. Denn „KI ist weder künstlich noch intelligent“, wie die New Yorker Journalistin Chloe Xiang ihren interessanten Beitrag auf der Plattform Vice betitelt. Ein Heer von sogenannten Clickworkern, häufig unterbezahlten Arbeitern in Südasien oder Afrika, trainiert die Software, durchforstet Datensätze, analysiert Bilder und Videos für Data-Training-Firmen. Content-Moderatoren schauen sich für die KI von Facebook Filme mit Gewaltdarstellungen an, bewerten sie, damit die KI solche Szenen später herausfiltern kann. Bei den menschlichen Content-Moderatoren führe das zu nachhaltiger Traumatisierung, schreibt Xiang, Facebook verfüge inzwischen über einen der fortschrittlichsten Algorithmen zur Content-Moderation. „Die vermeintlich künstliche Intelligenz dahinter speist ihr Wissen allerdings aus Tausenden menschlichen Entscheidungen.“

Eine neue Art von Kolonialismus

Große Tech-Unternehmen wie Meta oder Amazon träumen davon, dass die KI in einer nahen Zukunft viele menschliche Arbeiten übernimmt. Sie verschweigen aber, so Xiang, dass ein Heer von Arbeitern diesen Traum erst möglich macht: „Im Hintergrund helfen Zehntausende Gelegenheitsjobber den Tech-Konzernen dabei, die Illusion von raffinierten und selbstgenügsamen Machine-Learning-Algorithmen aufrechtzuerhalten.“ Maßgeblich trügen ärmere Länder aus dem globalen Süden zur Entwicklung von KI-Systemen bei. Eine 2021 an Universitäten in Kanada und den USA erarbeitete Studie zur Rolle globaler Arbeitskräfte in der KI-Entwicklung stellte, so Xiang, fest, „dass die Beteiligung von Menschen aus dem globalen Süden an der KI-Entwicklung eine Fortführung ausbeuterischer Praktiken ist – dem Kolonialismus nicht unähnlich“.

„Money, money, money/ Must be funny/ In the rich man‘s world“, dichtete Ulvaeus 1976 für Abba. Eine Geschichte von einer Frau, die sich finanziell nur knapp über Wasser halten kann und von einem reichen Mann träumt. Eine Geschichte, die irgendwie gut in den KI-Kontext passt. 

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