US-Superstar in Köln SZA ist wie eine große Schwester für ihre Fans
Köln · US-Superstar SZA machte auf ihrer SOS-Tour Station in der Kölner Lanxess-Arena. Zwei Stunden Show mit 13.000 Fans, viel Gefühl und ekstatischem Kreischen.
Nicht etwa als verzweifelten Hilferuf in einer Flasche, sondern als explosive R ‘n‘ B-Leuchtrakete setzt SZA ihren SOS-Notruf ab. Im Rahmen ihrer SOS-Tour macht sie für ein zweites Deutschlandkonzert Station in der Kölner Lanxess-Arena, wo während der knapp zweistündigen Show rund 13.000 Fans immer wieder in ohrenbetäubend ekstatisches Kreischen ausbrechen.
Mitunter extrem aufgebrezelte junge Frauen der Generation Z zücken ihre Handys, wobei abwechselnd das Bühnengeschehen und die eigene Aufgeregtheit Richtung Instagram hochgeladen werden. Derweil sitzt SZA wie auf dem Cover des SOS-Albums auf einem Sprungbrett meterhoch über der Bühne, die Beine baumeln in der Luft, sie ist allein mit sich, Mut sammelnd. Dann übernimmt ein Video die Fortsetzung, und es ist zu sehen, wie sie elegant in ein virtuelles Meer, gleichsam in einen Tränen-Ocean, eintaucht.
Als sie auf der Bühne auftaucht, entspricht ihr Outfit so gar nicht den Stil-Idealen ihrer 17- bis 27-jährigen Anhängerinnen. Sie trägt Jeans und darüber ein Kleid samt Jacke, eine orientalisch anmutende Verkleidung. Die erste Szene des SOS-Bilderreigens, dessen technische Umsetzung aus realem Bühnengeschehen und virtuellen Animationen immer wieder staunen lässt, spielt in einem tristen Hafen, wo auf der Kaimauer SZA und ihre Tanz-Crew „Seek & Destroy“ und „Notice Me“ präsentieren und deren Temperament einen spannenden Gegensatz zu der sonstigen Tristesse bilden.
Gefühlvoll und authentisch
Mit „Love Galore“ und „Broken Clocks“ folgen zwei Titel aus ihrem 2017 veröffentlichten Debüt „Ctrl.“, die nicht weniger gefeiert werden. Als die mittels Autotune und Hall extrem manipulierte Stimme von SZA, was diese in keiner Weise nötig hat, beginnt, zu langweilen, schafft sie mit dem besinnlichen „Bag Lady“, einem Cover von Erykah Badu eine brillante Kurskorrektur mit dem auf filmischen Wellen dümpelnden Seelenverkäufer. „All the Stars“, das sie gemeinsam mit Kendrick Lamar aufgenommen hatte, dient dann zur weiteren Kursbestimmung.
Zu einem Mix aus alten und neuen R-‘n’-B-Zutaten zielt sie auf die Erkundung von Gefühlen als Voraussetzung von Problemlösungen. Wie bei einem Seebeben brechen aus den Tiefen ihrer Psyche Herzschmerz-Gefühle hervor, überzeugen mit ihrer nachfühlbare Authentizität. Mittlerweile hat sie zu einem R-‘n’-B-Dresscode, dessen offenherziges Dekolleté jedoch vorgetäuscht wird, gewechselt.
Spezialistin der Selbstrettung
Es ist keine Überraschung, wenn der rostige Kahn in einem heftigen Sturm zu „Low“ untergeht, jedoch nicht bevor ZSA mit einem Tänzer nochmals die Titanic-Liebesszene zwischen Rose und Jack an der Bugreling zelebriert. Anders als in dem Film-Klassiker kann die Spezialistin der Selbstrettung ein knallrotes Gummiboot entern, in dem sie auf blauen Lichtwellen hoch über den Fans treibt und diese mit Songs wie „Open Arms“ oder „Nobody Gets Me“ beglückt. Nur bildlich scheint sie untergegangen zu sein, doch mit dem Song „Kill Bill“, der sich nicht ohne Grund auf den gleichnamigen Quentin-Tarantino-Film bezieht, zieht sie noch einmal alle Register der weiblichen Selbstermächtigung. Ihre persönlichen Erzählungen kommen an, nicht zuletzt deswegen, weil sie weite Identifikationsflächen für junge Frauen bieten.
ZSA, die 1989 geboren wurde, ist für viele gleichsam eine große Schwester, die etwas mehr Lebenserfahrung hat, der jedoch bedingungslos vertraut werden kann. Dafür gibt es nach der Zugabe „Good Days“ frenetischen Jubel.