Bis Sonntag zu sehen Kölner Philharmonie zeigt Titanic als Musical

Köln · Die Kölner Philharmonie zeigt im Rahmen des Sommerfestivals "Titanic" als Musical. Die Produktion, die bis Sonntag zu sehen ist, verzichtet auf Showeffekte und konzentriert sich voll und ganz auf die Musik.

 Zu Gast in einer schwimmenden Stadt: Szene aus der „Titanic“-Tourproduktion.

Zu Gast in einer schwimmenden Stadt: Szene aus der „Titanic“-Tourproduktion.

Foto: Scott Rylander

Kann man über die berühmteste Schiffskatastrophe ein Musical machen? Auf alle Fälle. Aber kann man die „Titanic“ auch in der Philharmonie angemessen untergehen lassen? Die Tourproduktion, die jetzt im Rahmen des Sommerfestivals bis einschließlich Sonntag zu sehen ist, verzichtet in einem sparsamen, aber wirkungsvollen Bühnenbild weitestgehend auf Showeffekte und konzentriert sich voll und ganz auf die ausgezeichnete Musik von Maury Yeston.

Vor mehr als 20 Jahren, im April 1997, feierte „Titanic“ seine Broadway-Premiere und schlug damit James Camerons gleichnamige Filmversion der Geschichte um sechs Monate. Zusammen mit seinem Autor Peter Stone hatte Yeston sechs Jahre am Konzept gearbeitet.

Kunstvoll verwoben die beiden reale und fiktive Charaktere, die Geschichte des technischen Fehlschlags und private Schicksale miteinander. „It’s a new world!“ ist das Mantra dieses Abends. Es geht um den Aufbruch in ein anderes Land und den Anbruch eines neuen Zeitalters.

Werte werden auf den Kopf gestellt, Schranken aufgehoben, der technische Fortschritt vorangetrieben, neue Möglichkeiten mehr als nur in Betracht gezogen. In dieser „schwimmenden Stadt“ sind alle vertreten: in der dritten Klasse die Auswanderer, getragen von der Hoffnung auf ein besseres Leben singen sie von den mit Gold gepflasterten Straßen Amerikas.

Während die Millionäre in der ersten Klasse gar nicht in Betracht ziehen, dass ihr Geld ihnen nicht das Leben retten könnte, tummeln sich in der zweiten Klasse alle, die lieber heute als morgen auf Tuchfühlung mit den Reichen und Schönen gehen möchten.

Und das bitte nicht nur für die Dauer der Überfahrt von Southampton nach New York! Die Kollision mit einem Eisberg am 15. April 1912 macht die Träume von zwei Dritteln der mehr als 2000 Menschen an Bord zunichte.

Der Heizer Barrett hatte seiner Braut zu Hause in England noch einen Heiratsantrag per Telegramm geschickt – sein Trost: Er hinterlässt wenigstens keine Witwe.Gerade hatte sich Alice Beane mit ihrem Mann versöhnt, da muss sie allein ins rettende Boot. Ida Strauss will stattdessen nach 40 Ehejahren lieber mit ihrem Mann Isidor, dem Gründer des Kaufhauses Macy’s, auf der Titanic sterben als alleine zu überleben.

Parallel richtet sich die Frage der Schuld an den Ingenieur, den Reeder, den Kapitän und den 1. Offizier. Aus all diesen Geschichten fertigen Yeston und Stone ein tragisches und zu Herzen gehendes Mosaik.

Und daran haben die Lieder einen nicht unwesentlichen Anteil, die auf ganz unterschiedliche Weise berühren – und von dem britisch-irischen Cast erstklassig gesungen werden. „Still“ ist das kleine Liebeslied, in dem das alte Ehepaar Strauss kurz vor dem Untergang noch einmal seine Liebe beschwört. In „No moon“ erzählt der Mann im Ausguck von der verräterischen Ruhe des Meeres kurz vor dem fatalen Zusammenstoß.

Es fehlt vielleicht die Über-Ballade, das „Memory“, der eine Song, der sich in die Gehörgänge brennt. Die fantastischen Ensemblenummern merzen diese Scharte derart aus, dass man während des Stücks gar nicht darüber nachdenkt. Gemeinsam bestaunt man das Schiff („There she is“) und geht an Bord („I must get on that ship“), schmiedet Zukunftspläne („I want to be a Lady’s maid“) und singt das drohende Unglück klein („Dressed in your pyjamas in the Grand Salon“) – und die von Maury Yeston erdachten Stimmführungen und Chorsätze werden hier perfekt umgesetzt.

Kleinere Makel sind der bei der Premiere leicht blecherne Sound und die sparsame Besetzung in Sachen Musiker: Wenn neben Perkussionist und Streichquartett nur noch ein Keyboarder aufspielt, fehlt die letztendliche Wucht, die es eigentlich braucht, um mit der großen Hymne „Godspeed Titanic“ die Philharmonie zu erschüttern. Ein Blick in die sichtlich bewegten Gesichter des Ensembles gleicht dies allemal aus.

135 Minuten (inkl. Pause), 25. bis 27.7., jeweils 20 Uhr, 28.7., 19 Uhr. Karten gibt es in allen Bonnticket-Vorverkaufsstellen und im Internet unter www.ga.de/tickets.

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