Auszeichnung für Bonner Kunstverein Kunstverein in Feierlaune

Bonn · Der Bonner Kunstverein bekommt am Samstag auf der Art Cologne den Preis als bester Kunstverein Deutschlands. Ein Blick auf das Jubiläumsjahr 2023, das keine Rückschau werden soll.

Ihr Programm kommt beim Publikum, bei Mitgliedern und Preisjurys gut an: Kunstvereins-Direktorin Fatima Hellberg in ihrer Bonner Ausstellung „The Holding Environment“, Teil zwei.

Ihr Programm kommt beim Publikum, bei Mitgliedern und Preisjurys gut an: Kunstvereins-Direktorin Fatima Hellberg in ihrer Bonner Ausstellung „The Holding Environment“, Teil zwei.

Foto: Benjamin Westhoff

Fatima Hellberg hat derzeit das, was man einen Lauf nennt. Anfang des Jahres erhielt sie für ihr Programm für den Bonner Kunstverein den renommierten Preis des internationalen Kunstkritikerverbands Aica, diesen Samstag werden der Bonner Kunstverein und seine Direktorin Hellberg auf der am Mittwoch startenden Kunstmesse Art Cologne erneut prämiert. Eine unabhängige Jury wählte den Bonner Kunstverein zum diesjährigen Gewinner des Preises für Kunstvereine, der seit 2006 von der Arbeitsgemeinschaft Deutscher Kunstvereine (ADKV) in Kooperation mit der Art Cologne verliehen wird.

Eine Anerkennung für ein großartiges Programm, das das Niveau vieler anderer Kunstvereins-Ausstellungen überragt – und das trotz chronischer Unterfinanzierung des Vereins. Dass Hellberg etwa den Künstler David Medalla mehr oder weniger der Vergessenheit entriss, mit ihrer Basisarbeit ein Fundament für eine weitere Erforschung legte, wurde ebenso registriert wie der engagierte Umgang mit den Mitgliedern, dessen Zahl nach Jahren des Rückgangs wieder auf über 1000 stieg. Das Klima im Kunstverein passt und das ambitionierte Programm, das die 36-Jährige seit ihrem Antritt in Bonn Ende 2019 präsentiert, wird angenommen. Überregional habe der Bonner Kunstverein eine große Akzeptanz, „wir müssen auch die Bonner erobern“, meint sie. Das gelingt zusehends, wie Hellberg bei den vielen Aktivitäten, bei Ausstellungseröffnungen und Kunst-Stammtischen erlebt.

Ein besonderes Jubiläumsprogramm

Gute Vorzeichen für das Jubiläum, das der Bonner Kunstverein im kommenden Jahr feiert: Vor 60 Jahren, am 24. Mai 1963, wurde der Verein von Bonner Künstlern und kunstinteressierten Bürgern gegründet. Zu den Gründern gehörten die Künstler Paul Magar, Gerhard Naumann und Ernemann Sander, sowie die späteren Vorsitzenden Dorothea von Stetten und Thankmar Freiherr von Münchhausen.

Hellberg hat sich ein besonderes Jubiläumsprogramm ausgedacht: Keine Rückschau, sondern eine Konfrontation mit Künstlern, die hierzulande noch kaum oder wenig bekannt sind. Die Georgierin Tolia Astakhishvili macht im März den Auftakt mit der Ausstellung „Memory Working“, „eine Ausstellung zur Archäologie von Räumen und Vergänglichkeit, eine Reflexion über Zeit und Raum und die Fragilität von Strukturen“, wie Hellberg erklärt. Astakhishvili inszeniert ganze Räume – erneut wird man die große Halle des Bonner Kunstvereins unter einer neuen Perspektive sehen und erleben. Auch die Reflexion der Geschichte des Kunstvereins soll neben der Interaktion mit dem Publikum eine Rolle spielen, verspricht Hellberg. Die Schau werde in ein umfangreiches Programm eingebettet. Es ist die erste institutionelle Einzelausstellung der 45-jährigen Künstlerin in Deutschland.

Auch der 1980 geborene Künstler, Regisseur, Bühnen- und Kostümbildner Michael Kleine wird sich der Historie des Kunstvereins widmen – und zwar der architektonischen Gestalt der ehemaligen Blumenhalle am Hochstadenring, die von dem Architektenkollektiv Haus-Rucker Co. zum Kunstverein umgebaut wurde. Bei der Neuinszenierung und Recherche gehe es nicht nur um den Spirit einer industriellen Halle, sondern auch um den ökologischen Wahnsinn, Blumen aus allen Ecken der Welt zu transportieren, erläutert Hellberg. Dass diese Handelsrouten auch mit der kolonialen Vergangenheit zu tun haben, erweitert das Spektrum dieser Schau, die im September startet. 

Der Aktivist und Medienkünstler Gregg Bordowitz (Jahrgang 1964) und die Peter Mertens-Stipendiaten Simon Lässig und Gianna Surangkanjanajai schließen das Jubiläumsjahr ab. Bordowitz war maßgeblich an der Gründung des Videoaktivisten-Kollektivs „Testing the Limits“ beteiligt, das Arbeiten zur Dokumentation des Aids-Aktivismus produzierte, die über das Fernsehen, Museen, Schulen und Gemeindezentren verbreitet wurden. Von 1995 bis 2010 lehrte er Videokunst an der Akademie der bildenden Künste Wien, der Brown University und der School of the Art Institute of Chicago, bevor er als ständiger Professor an die School of the Art Institute of Chicago berufen wurde.

Bevor das große Jubiläumsjahr beginnt, feiert der Kunstverein sich selbst Anfang Dezember mit der Präsentation der Jahresgaben und dem Jahresgabendinner am 3. Dezember.

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