Anspruchsvolles Stück "La Gioconda" bekommt viel Applaus in Bonner Oper

Bonn · Amilcare Ponchiellis „La Gioconda“ ist konzertant in der Bonner Oper zu erleben. Die Sänger meistern sechs anspruchsvolle Solopartien.

 Zoya Tsererina als Ponchiellis Gioconda, Hermes Helfricht am Pult des Beethoven Orchesters.

Zoya Tsererina als Ponchiellis Gioconda, Hermes Helfricht am Pult des Beethoven Orchesters.

Foto: Thilo Beu

Mehr Krimi geht nicht: Hexenwahn und Lynchjustiz, Giftmord und Scheintod, Erpressung, Entführung, Selbstmord, Eifersucht und Entsagung. Eine so aberwitzige Häufung außerordentlicher Seelenzustände, unerhörter Zufälle und grässlicher Katastrophen wie in Amilcare Ponchiellis 1876 uraufgeführtem Reißer „La Gioconda“ ist selbst in der Welt der Oper selten anzutreffen. Schuld daran ist der Librettist Arrigo Boito, der später auch die Texte zu Verdis „Otello“ und „Falstaff“ verfasste.

Die Bonner Oper geht dem dramaturgischen Albtraum einer Inszenierung voller knallig-trivialer Bühneneffekte geschickt aus dem Weg, indem sie die Oper unter der Leitung von Hermes Helfricht konzertant auf die Bühne bringt. Einfach ist auch das nicht: „La Gioconda“ ist bei aller dramatischen Zuspitzung im Kampf zwischen Gut und Böse vor allem ein Sängerfest. Zum Glück verfügt das Bonner Opernensemble nach wie vor über große Stimmen, die die sechs großen, anspruchsvollen Solopartien adäquat besetzen können. Allen voran Zoya Tsererina, die die Titelrolle mit großer stimmlicher Dramatik ausstattet. Jeder Spitzenton leuchtet sauber, aber auch in der tiefen Lage ist die Sängerin, die ihre Karriere als Mezzosopran begann, sehr präsent. Tsererinas Gioconda behält auch auf dem Höhepunkt ihrer rasenden Eifersucht einen edlen, eher lyrischen Ton. Sie betont die positiven Eigenschaften des Charakters, die Liebende und Entsagende: Gioconda gehört bei ihr eindeutig auf die Seite der Guten.

Als blinde Mutter gestaltet Ceri Williams mit ihrem warmen, erdigen Alt das große musikalische Thema zu Beginn des ersten Aktes, das im weiteren Verlauf immer wieder vom Orchester aufgegriffen wird und Giocondas Handeln motiviert. Mit kräftigem Bariton und diabolischem Mienenspiel lotet Ivan Krutikov die Tiefen des Superschurken Barnaba aus, während Leonard Bernads Bass nicht ganz die schwarze Tiefe erreicht, die zu seiner glaubhaften darstellerischen Kälte passen würde.

Schockierende Kontraste

Dshamilja Kaiser, seit ihrer famosen Ortrud im „Lohengrin“ Bonner Publikumsliebling, glänzt auch als Laura mit ihrem perfekt geführten, in jeder Lage strahlenden Mezzo. In der Partie des Enzo schließlich gelingt Tenor George Oniani eine bewegende Interpretation seiner Arie „Cielo e mar“. Jeder hohe Ton kommt sicher, allerdings auch immer forte heraus – ein bisschen weniger Druck und mehr Mut zum Piano hätte man sich übrigens beim ganzen, am vorderen Bühnenrand aufgestellten Sängerensemble gewünscht.

Im manchmal schockierenden Kontrast zwischen operettenhaften Chor- oder Ballettsätzen und dramatischen Verismo-Szenen wie dem „schreienden“ Duett der Rivalinnen Gioconda und Laura spielt der Chor eine herausragende Rolle. Priester und Mönche, Matrosen und Schiffsjungen, Edelleute und einfaches Volk – die von Marco Medved einstudierten Chorsänger sind in ungewöhnlich vielen Rollen gefragt und stets auf den Punkt da. In Klangfarbe und Ausdruck differenzieren sie die wechselnden Situationen der Oper sehr genau.

Auch wenn es gelegentlich ein wenig holpert: Am Pult hält Hermes Helfricht alles zusammen, und obwohl das Beethoven Orchester Bonn (BOB) den Sängern zuliebe meist zurückhaltend agiert, gelingt es ihm, die spannenden Details der Instrumentation herauszuarbeiten. Seinen großen Moment hat das BOB mit der berühmten allegorischen Balletteinlage im Finale des dritten Aktes: Der „Tanz der Stunden“, vielen aus Disneys „Fantasia“ oder als Werbung für ambitionierte Tiefkühltorten bekannt, gerät mit fein abgestimmtem Farbenspiel der melodischen Einfälle zu einem wahrlich zauberhaften Intermezzo. Danach wütet und mordet die Oper weiter. Großer Applaus für alle Beteiligten.

Die nächsten Aufführungen: 13. Januar und 24. März. Karten gibt es in den Bonnticket-Shops des General-Anzeigers sowie im Internet auf www.ga.de/tickets.

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