Gedenkkonzert im Maritim Leben beim Fürsten

Martha Argerich, Misha Maisky und viele andere erinnern musikalisch an den Retter des Bahnhofs Rolandseck, Johannes Wasmuth. Moderiert wurde der Abend von Bettina Böttinger.

 Im Maritim gab es rote Rosen für die Musiker (von links): Martha Argerich, Mischa Maisky, Lyda Chen-Argerich, Jean-Michael Tanguy, Andreas Röhn und Iddo Bar Shai.

Im Maritim gab es rote Rosen für die Musiker (von links): Martha Argerich, Mischa Maisky, Lyda Chen-Argerich, Jean-Michael Tanguy, Andreas Röhn und Iddo Bar Shai.

Foto: Ertl

Die Pianistin Martha Argerich ist eigentlich kein Typ für Talkshows. Aber mit WDR-Talk-Ikone Bettina Böttinger kam sie am Dienstabend doch einmal ins Gespräch, nicht fürs Fernsehen freilich, sondern beim Sonderkonzert, das die Johannes-Wasmuth-Gesellschaft ihrem vor zwanzig Jahren verstorbenen Namenspatron im Bonner Maritim-Hotel gewidmet hatte. „Er war ein ganz besonderer Mensch“, erinnerte sich die Pianistin, und sie bekannte: „Er war ein Freund von mir.“ Martha Argerich erzählte, dass sie als junge Frau fast ein Jahr lang im Bahnhof Rolandseck gelebt habe. Wenn sie auf Tour gewesen sei, wäre sie immer dorthin nach Hause gekommen. Das war Mitte der 1960er Jahre, als Wasmuth den Bahnhof gerade vor dem geplanten Abriss gerettet hatte. Böttinger, die während ihrer Studienjahre selbst in Rolandseck wohnte und häufig mit Wasmuth zusammentraf, fragte sie auch nach der Atmosphäre: „Es war ja in der Anfangszeit in Rolandseck noch nicht sehr gemütlich dort, noch sehr provisorisch...“ Worauf Argerich trocken entgegnete; „Es war sehr gemütlich!“ Unten im Bahnhof hätte der ungarische Bildhauer Lajos Barta gelebt, oben sie, zwei Katzen und die Haushälterin Rusalka. Und natürlich war Wasmuth allgegenwärtig. „Johannes hat alles so gut verstanden“, schwärmt Argerich noch ein halbes Jahrhundert später von dem Kunstfreund und Impresario. „Er war so ruhig. Er ist schwer zu beschreiben. Rusalka hat ihn 'Fürst' genannt“, was von den etwa 800 Besuchern im Saal mit amüsiertem Lachen beantwortet wurde.

Aber natürlich war Argerich in erster Linie als Musikerin nach Bonn gekommen. Wie üblich, trat sie nicht allein auf. Der künstlerische Leiter der Wasmuth-Gesellschaft, Torsten Schreiber, hatte an diesem wunderbaren Abend viele Kollegen und Kolleginnen um sie versammelt, einige unter ihnen enge Freunde und Wegbegleiter. Den Anfang machte gleich ihre Tochter Lyda Chen-Argerich, die den Violapart in Beethovens Serenade für Flöte (Jean-Michael Tanguy), Violine (Andreas Röhn) und Viola spielte. Im Anschluss betrat mit dem Cellisten Mischa Maisky ein weiterer Star die Bühne, den nicht nur sehr viel mit Argerich verbindet, sondern als häufiger musikalischer Gast auch mit Rolandseck. Er spielte zusammen mit dem israelischen Pianisten und Rolandseck-Intimus Itamar Golan, Tschaikowskis Nocturne op. 19,4 und Max Bruchs nach hebräischen Melodien komponiertes „Kol Nidrei“ mit intensivem, singenden Ton.

Argerich selbst betrat für das erste Klavierkonzert von Dmitri Schostakowitsch die Bühne, dessen Part sie mit unerschütterlicher Brillanz spielte. Die in diesem Stück wie ein zweites Soloinstrument herausgehobene Trompetenstimme spielte der russische Virtuose Sergej Nakariakov, die engagiert vorgetragene Begleitung übernahmen Mitglieder des Beethoven Orchesters unter Leitung von Dirk Kaftan.

Das Niveau hielt auch im zweiten Teil des Abends. Theodosia Ntokou spielte Chopins „Andante spinato e Grande Polonaise Brillante op. 22 mit emotionalem Tiefgang, Argerich selbst und Myriam Farid, derzeit Artist in Residence der Wasmuth-Gesellschaft, lieferten sich in Witold Lutoslawski Paganini-Variationen für zwei Klaviere ein brillantes Tongefecht. Zum Abschluss dann das wunderbar gespielte Konzert für vier Klaviere und Orchester in a-Moll von Johann Sebastian Bach, bei dem neben Martha Argerich noch Stephan Zind, Itamar Golan und Iddo Bar Shai jeweils an einem Flügel saßen. Ein tolles Finale für einen Abend, bei dem auch andere Zeitzeugen wie der langjährige, heute 88-jährige Bürgermeister von, Remagen, Hans Peter Kürten und die Bad Godesberger Kulturförderin Irene Diederichs zu Wort kamen.

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