Programm im Frühjahr Literaturhaus holt internationale Autoren nach Bonn

Bonn · Viele Schriftsteller kommen bis März zu Lesungen nach Bonn, darunter Deborah Feldman, María Cecilia Barbetta, John Wray und Kamel Daoud. Brisant: Gegen Daoud wurde eine Fatwa verhängt. Auch Helene Hegemann kommt.

Buchliebhabern bietet das Literaturhaus Bonn zwischen Januar und März die Gelegenheit, Autoren live zu erleben. Eine Besonderheit: „Was dieses Programm von den üblichen unterscheidet, ist, dass wir fantastische internationale Titel haben“, sagt Almuth Voß, Programmverantwortliche im Literaturhaus.

Aus den USA kommt John Wray („Die rechte Hand des Schlafes“), aus Rumänien Lavinia Braniste. María Cecilia Barbettas („Änderungsschneiderei Los Milagros“) Wurzeln liegen in Argentinien, Deborah Feldman („Unorthodox“) wuchs in New York auf. Der ehemalige Journalist Kamel Daoud („Der Fall Meursault“) versucht trotz einer gegen ihn verhängten Fatwa aus Algerien anzureisen.

Seine islamkritischen Kommentare in der algerischen Tageszeitung Quotidien d’Oran haben ihm diese eingebrockt. Vor Jahren habe Kamel Daoud eine Lesung für das Literaturhaus aus Sicherheitsgründen absagen müssen, erklärt Voß. Für sein Debüt „Der Fall Meursault“ – eine Gegendarstellung zu Albert Camus „Der Fremde“ – wurde Daoud mehrfach ausgezeichnet, unter anderem mit dem Prix Goncourt.

Nun will er sein zweites Buch „Zabor“ mit ins Institut français bringen (26. März, 19.30 Uhr). Dessen gleichnamiger Protagonist kann magischerweise das Leben von Sterbenden verlängern, indem er über sie schreibt.

Ebenfalls ausgezeichnet – mit dem Deutschlandfunk-Preis – ist John Wray, der im Haus der Bildung von seiner Figur Aden Sawyer lesen wird (15. Februar, 19.30 Uhr). In seinem Roman „Gotteskind“ reißt die 18-Jährige von zu Hause aus, um in Pakistan den Islam zu studieren, verkleidet sich dafür als Mann und gerät prompt in die Kriegswirren Afghanistans. „Mit Gerrit Wustmann haben wir einen Moderator, der sich mit dem arabischem Raum intensiv beschäftigt hat. Realpolitik wird an diesem Abend Thema sein“, ist sich Voß sicher.

Auch María Cecilia Barbettas „Nachtleuchten“ verbinde Literatur mit „hochinteressantem politischen Inhalt“, meint Voß (27. März, 19.30 Uhr). Der Roman spielt am Vorabend eines Militärputsches im Einwandererviertel von Buenos Aires. Die argentinische Autorin verarbeitet darin eigene Erfahrungen aus ihrer Heimatstadt: Mit 22 Jahren verließ Barbetta 1996 Buenos Aires, kam nach Berlin und blieb dort. „Nachtleuchten“, den sie auf Deutsch verfasste, war Kandidat für den Deutschen Buchpreis 2018.

Seit das Literaturhaus Mitte 2015 ins damals neue Haus der Bildung in der Innenstadt umgezogen ist, habe das Team die Reichweite seiner Veranstaltungen deutlich erhöhen können, berichtet Voß. „Dass wir uns im gleichen Haus wie die Stadtbibliothek und die Volkshochschule präsentieren können, ist eine großartige Möglichkeit.“ Das Publikum sei durch die Nachbarschaft sehr vielfältig.

Besonders freue sie sich auch, dass die jüdische Autorin Deborah Feldman für eine Veranstaltung im Rahmen der Jüdischen Kulturtage RheinRuhr kommt (29. März, 19.30 Uhr). Feldman wuchs in einer ultraorthodoxen Gemeinde auf, die das westliche Leben größtenteils ablehnt. Feldmans Lossagung führte zum autobiografischen Besteller „Unorthodox“.

Weil Feldman seit einigen Jahren in Berlin wohnt, spricht sie Deutsch. Die 32-Jährige wolle beim Gespräch im Haus der Bildung Themen wie Erinnerungskultur unbedingt aus der Perspektive ihrer Generation beleuchten, erzählt Voß. Moderatorin des Abends ist deswegen die 34-jährige Autorin und Journalistin Linda Rachel Sabiers, die in einer jüdischen Gemeinde in Köln groß geworden ist.

In der Literaturshow „Import/Export“ kommen zwei junge deutsche Autorinnen zum Zug. Helene Hegemann, die durch ihren Debütroman „Axolotl Roadkill“ und den nachfolgenden Plagiatskandal bekannt wurde, liest aus ihrem dritten Buch (29. Januar, 20 Uhr, buchLaden 46). „Bungalow“ erzählt von einer komplizierten Mutter-Tochter-Beziehung in einer zunehmend apokalyptischen Welt. Kathrin Weßling (11. März, 20 Uhr, Fabrik45) sei weniger bekannt, „aber sie spricht und schreibt die Sprache ihrer Generation“, sagt Voß. Ihr Roman „Super, und dir?“ dreht sich um die Zweifel einer jungen Frau, die alles hat.

Die Reihe „Literatour d'europe“ stellt Autoren aus dem Land vor, das die EU-Ratpräsidentschaft inne hat. „Dafür versuche ich immer, jemanden zu finden, der etwas zu Europa zu sagen hat“, erklärt Voß. Diesmal fiel ihre Wahl auf die Rumänin Lavinia Braniste (24. Januar, 19.30 Uhr, Eintritt frei). In ihrem Buch „Null Komma Irgendwas“ erlebt eine Übersetzerin den rumänischen Turbokapitalismus in einer durch EU-Gelder finanzierten Baufirma. Gelesen wird die deutsche Übersetzung der als bester rumänischer Roman ausgezeichneten Geschichte.

Noch mehr Literaturhaus: Das Jahr eröffnet am 21. Januar, 19.30 Uhr, das Autorentreffen von Atelier NRW. Im Sommer reflektierten die teilnehmenden Autoren auf einer einwöchigen Tagung ihre Tätigkeit als Schriftsteller – nun diskutieren sie ihre Überlegungen vor Publikum. Die Preisträger von postpoetry.NRW Amir Shaheen und Lea Weiß lesen zwei Tage später (23. Januar, 11 Uhr, Eintritt frei) in der Elisabeth-Selbert-Gesamtschule in Bad Godesberg.

Alle Veranstaltungen finden im Haus der Bildung, Mülheimer Platz 1, statt, sofern nicht anders angegeben. Karten: www.bonnticket.de oder Ticket-Hotline 02 28 50 20 10

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