Programm 2019 Magischer Dreiklang

Bonn · Ludwig van Beethoven, Johann Wolfgang von Goethe, Michael Jackson: Auf diesen Pfeilern steht das Bundeskunsthallenprogramm 2019

 Michael Jackson als Pietà: David LaChapelles „The Beatification“, 2009. FOTO: © DAVID LACHAPELLE

Michael Jackson als Pietà: David LaChapelles „The Beatification“, 2009. FOTO: © DAVID LACHAPELLE

Foto: KAH

Den im Zusammenhang mit der Bundeskunsthalle immer wieder gern gebrauchten Begriff des trägen Dampfers mag Rein Wolfs nicht. Vielleicht, weil sie sich unter seiner Ägide zusehends in ein Schnellboot verwandelt und eindeutig auf Erfolgskurs ist. Der Intendant der Bundeskunsthalle sieht sich in seinem „Diversitäts-Konzept“ einer großen programmatischen Vielfalt bestätigt. Ende des Jahres werde die Bundeskunsthalle 660 000 bis 670 000 Besucher zählen, meint Wolfs, eine deutliche Steigerung zum Vorjahr (610 000). „Wir haben vom Gurlitt-Effekt profitiert“, sagt er. Die exzellente Bonner Ausstellung über Hitlers Kunsthändler brachte alleine 147 000 Besucher ins Haus – der Ableger im Berliner Gropiusbau made in Bundeskunsthalle lockte 100 000 Menschen an. Als Magneten entpuppten sich „Playground“ (140 000) und „Marina Abramovic“ (60 000).

Erneut punktete die Bundeskunsthalle im abgelaufenen Jahr mit ihrem wunderbaren Dachgarten. 2019 soll er wieder zur Ausstellungsfläche werden. Goethes Gärten werden den Bonnern Frühjahr und Sommer begrünen und versüßen. Etliche Goethe-Gärten werden hier zusammengeführt. Passend dazu wird die Ausstellung „Goethe. Verwandlung der Welt“ zu sehen sein, die erste große Goethe-Schau seit 25 Jahren.

Sie soll sich nicht nur um Leben und Werk des Klassikers drehen, sondern auch dessen Wirkung auf die Kunst bis heute nachspüren. So werde es laut Wolfs nicht nur Exponate aus den Goethe-Museen in Frankfurt, Weimar, Düsseldorf und Rom zu sehen geben, sondern auch Werke von Caspar David Friedrich, Auguste Rodin und William Turner, von Paul Klee, Piet Mondrian bis zu Andy Warhol und Ólafur Eliasson. Goethe ist einer der Superstars des Jahres in der Bundeskunsthalle, die anderen beiden sind Michael Jackson und Ludwig van Beethoven. Ein magischer Dreiklang.

Das Ausstellungsjahr startet mit der künstlerisch wie kulturgeschichtlich fesselnden Schau über den King of Pop Michael Jackson, die von der National Portrait Gallery in London erarbeitet wurde und gerade im Pariser Grand Palais gezeigt wird. Die Bonner Station der Schau, die in Kunstwerken und Devotionalien die Lichtgestalt Jackson feiert, wird umfangreicher als die Stationen in London und Paris ausfallen.

Mit einer jungen Position, der in Berlin lebenden Schwedin Anna Uddenberg (1982 geboren), und dem traditionellen Überblick über preiswürdige Kunst aus deutschen Kunsthochschulen und Akademien wirft die Bundeskunsthalle einen Blick auf Tendenzen der Gegenwartskunst.

Kultfigur Kippenberger

Einen, der für seine Zeitgenossen Kult war und auf den sich heute junge Künstler beziehen, feiert die Bundeskunsthalle ab November: Martin Kippenberger, jung gestorbenes Ausnahmetalent, ein Unruhegeist und ungemein kreativer Allrounder, wird endlich in die Hall of Fame der Bundesinstitution aufgenommen, in der schon Kunsthelden wie Gerhard Richter und Sigmar Polke, Hanne Darboven, Marina Abramovic und Anselm Kiefer (um nur einige zu nennen) ausgiebig gewürdigt wurden.

Zwei vielversprechende Städteporträts stehen ebenfalls auf dem Programm. Zum einen liefert die Bundeskunsthalle unter dem Titel „California Dreams“ ein kulturhistorisches Porträt von San Francisco. Die Stadt habe sich durch die Befreiungsbewegungen und Einwanderung ganz anders entwickelt als andere US-Städte, sagt Wolfs, der die Schau auch als politisches Statement in Trump-Zeiten bewertet haben will. Eminent politisch sei auch das zweite Städteporträt: „Age old Cities“ ist eine virtuelle Reise durch Mossul, Aleppo, Palmyra und Leptin Magna, vier Städte mit antikem Erbe und glanzvoller Zivilisation, die im Zuge politischer, teils fundamentalistischer Umwälzungen zerstört wurden.

Die Schau läuft derzeit im Pariser Institut du Monde Arabe, dessen Chef, die inzwischen 79 Jahre alte kulturpolitische Lichtgestalt Jack Lang, auch in Bonn erwartet wird. „Für mich ist es wichtig, humane Aspekte und Emotionen über Ausstellungen zu transportieren“, sagt Wolfs, der den Mensch im Vordergrund sieht und auf „konfrontative Berührung“ setzt.

Das Ausstellungsjahr endet mit dem Auftakt zum Beethoven-Jubiläum 2020 und der Ausstellung „Beethoven. Welt.Bürger.Musik“ die am Tauftag des Meisters, 17. Dezember, startet. Rund 250 Exponate werden in einem großen Panorama Leben, Werk und Wirkung des Komponisten spiegeln. Geplant sei, so Wolfs, die Schau in der zweiten Jahreshälfte in verkleinerter Form auch in Brüssel zu zeigen, parallel zur EU-Präsidentschaft Deutschlands. Ende 2020 sei ein weiteres Beethoven-Projekt für Bonn geplant.

Bildende Kunst, Musik, Literatur, Film, Gartenkunst und Städteporträts: Das Programm 2019 ist vielfältiger denn je.

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