Nachruf auf Martin Roth Martin Roth als charismatischer Kulturmanager gewürdigt

Bonn · Die Trauer um den Kulturmanager Martin Roth ist groß. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bezeichnet ihn als höchst anerkannten Visionär, der Bonner Bundeskunsthallenchef Rein Wolfs sagte: „Er revolutionierte die Institution Museum“

 Der damalige Londoner Museumschef Martin Roth (links) mit Robert Fleck, Ex-Intendant der Bundeskunsthalle, bei der Eröffnung der Victoria-and-Albert-Museum-Ausstellung 2011 in Bonn.

Der damalige Londoner Museumschef Martin Roth (links) mit Robert Fleck, Ex-Intendant der Bundeskunsthalle, bei der Eröffnung der Victoria-and-Albert-Museum-Ausstellung 2011 in Bonn.

Foto: Bundeskunsthalle

„Bei der Expo habe ich mich mit einem Defizit herumschlagen müssen, jetzt arbeite ich in einem Haus, das mit dem Profit einer Weltausstellung gegründet wurde“, schmunzelte Martin Roth in einem GA-Gespräch 2011 kurz nach seinem Antritt als Direktor des Victoria and Albert Museums in London (V&A). Eine Woche nach dem Gespräch kam er nach Bonn, um in der Bundeskunsthalle die Ausstellung „Art and Design for all – The Victoria and Albert Museum“ zu eröffnen, eine kleine Geschichte des Hauses und ein pointierter Querschnitt durch die Sammlung.

Der leidenschaftliche, eloquente und charismatische Museumsmann Roth stand damals – nach Stationen als erfolgreicher Kulturmanager der Expo 2000 und impulsgebender Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden – im Zenit seiner Karriere. Am Sonntag ist Roth, wie kurz berichtet, nach schwerer Krankheit im Alter von 62 Jahren gestorben.

Seine Berufung – als erster Deutscher – an die Spitze des V&A galt als Sensation. Mit Ausstellungen über David Bowie (2013), den Modedesigner Alexander McQueen (2015) und die 68er-Bewegung (2016) sorgte er für Besucherrekorde. Auf eigenen Wunsch trat der gebürtige Schwabe im Herbst 2016 zurück – er nannte den Brexit als Anlass, er wolle sich politisch mehr engagieren. Roth wurde ehrenamtlicher Präsident des Instituts für Auslandsbeziehungen.

Vertreter aus Kultur und Politik reagierten bestürzt auf den Tod des Kulturmanagers. Deutschland verliere mit Roth eine herausragende Persönlichkeit, einen international höchst anerkannten kulturpolitischen Visionär und eine bedeutende gesellschaftspolitische Stimme, erklärte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier am Montag in Berlin. Er selbst verliere zudem „einen hoch geschätzten Freund“. Außenminister Sigmar Gabriel nannte Roth einen der besten und einflussreichsten Museumsleiter der Welt. „In seiner erfolgreichen Karriere hat Martin Roth neue Maßstäbe für die Museumsarbeit gesetzt“, erklärte der SPD-Politiker am Montag. „Sein viel zu früher Tod berührt mich tief.“

Kulturmanager mit Format und Kanten

Rein Wolfs, Intendant der Bundeskunsthalle in Bonn, sagte dieser Zeitung: „Martin Roth revolutionierte die Institution Museum. Er schaffte es, unterschiedlichste Themen nebeneinander im gleichen Haus funktionieren zu lassen. Auch verstand er es breitenwirksam zu agieren und gleichzeitig innovativ sowie kulturpolitisch hartnäckig zu bleiben. Damit hat er sehr viel für die gesellschaftspolitische Relevanz der Museen getan.“

Kulturstaatsministerin Monika Grütters (CDU) würdigte Roth als „eine der markantesten und auch streitbarsten Persönlichkeiten“ der deutschen und internationalen Museumswelt. „Seine Rolle in der Kultur verstand Martin Roth immer auch als politische Intervention“, schrieb Grütters in einer Mitteilung, die in der Nacht zu Montag verbreitet wurde. „Als Kulturmanager mit Format und Kanten wird Martin Roth fehlen.“ Der Präsident der Stiftung Preußischer Kulturbesitz, Hermann Parzinger, wertete seinen Tod als „niederschmetternde Nachricht“.

Roth gehörte zu Deutschlands wichtigsten Museumschefs. Von 1991 bis 2001 war er Direktor des Deutschen Hygiene-Museums Dresden, von 2001 bis 2011 Generaldirektor der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden und von 1995 bis 2003 auch Chef des Deutschen Museumsbundes. Das V&A erzielte unter seiner Führung Besucherrekorde und wurde 2016 mit dem „Art Fund Prize Museum of the Year“ ausgezeichnet.

(mit Material von dpa)

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