Lippen abwischen und lächeln Max Goldt liest im Bonner Pantheon

Bonn · Max Goldt liest im Pantheon. Seine Texte leben von der feinen Zeichnung und dem Vertrauen des Kenners in die Komik einer Situation

 Max Goldt: Bevorzugt die leiseren, süffisanten Töne.

Max Goldt: Bevorzugt die leiseren, süffisanten Töne.

Foto: picture alliance / dpa

Seit fünfeinhalb Jahren, sagt Max Goldt, sei er nicht mehr im Pantheon gewesen. Die Tatsache, dass er statt wie 2013 am Bundeskanzlerplatz nun also im – binnen zweieinhalb Jahren zum unverwechselbaren Theater gereiften – Beueler Haus einer erwartungsvollen Menge gegenübersitzt, quittiert der in Berlin lebende Schriftsteller und Musiker mit nahezu stoischer Gelassenheit. Eruptive Gefühlsausbrüche sind seine Passion nicht.

Seine Texte leben vielmehr von der feinen Zeichnung und dem Vertrauen des Kenners in die Komik einer Situation. Zum Beispiel als Begleiter eines Freundes auf dessen Pressereise ins Emirat Katar; in Goldts Schilderung so etwas wie Ostblock, aber mit Geld. Oder in seiner Aversion, wenn all zu enthusiastische Europäer von der geheimnisvollen Schönheit der Wüste schwärmen oder vom Bekenntnis zur Schlichtheit in Architektur und Kunst. „Dabei wird das Einfache doch erst dadurch so genial, dass es die Folge des Komplizierten ist.“

Nun, darüber ließe sich trefflich streiten. Doch hat Goldt den Abend textlich schon vollends durchgeplant, um sich auf leise-süffisante, aber nicht minder wirkungsvolle Art und Weise an sprachlich Oberflächlichem und Lieblosem zu reiben. Zum Beispiel in den Nachrichten vom Tode David Bowies, die sich kaum eingehend mit dessen wirklich einzigartigen Kunst auseinandergesetzt und stattdessen lieber wahllos die Bezeichnungen Maler, Schauspieler, Musiker aneinandergereiht hätten.

Aversion gegen Floskeln

Seiner Aversion gegen Floskeln gibt Goldt unleidlich in der Sache, aber freundlich-distinguiert im Ton Ausdruck. Von den Banalitäten und Absurditäten des Alltags bis zur Dunkelziffer, die stets – mit bedeutungsschwangerer Betonung – natürlich viel höher sei. Gelegentlich erreichen seine sarkastischen Spitzen fast schon Loriot-Qualität. Welche Auswirkung mag also die Kleidung des Schriftstellers auf die Qualität seines Textes haben? Und muss man das als Leser wissen? Oder heißt es in diesem Fall nur „Lippen abwaschen und lächeln?“

Wie dem auch sei, so viel kann man abschließend sagen: Bis zum nächsten Besuch im Pantheon sollte Herr Goldt nicht wieder fünfeinhalb Jahre warten.

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