„Reinrassije Strooßekööter“ Niedeckens Bap beendet Tour im Palladium

Köln · Wolfgang Niedecken und seine Band BAP beenden ihre „Reinrassije Strooßekööter“-Tour im Palladium. Im August 2019 sind sie auf dem Bonner KunstRasen zu Gast.

 Lieder aus dem Schmelztiegel: Wolfgang Niedecken spielt im Palladium. FOTO: BRILL

Lieder aus dem Schmelztiegel: Wolfgang Niedecken spielt im Palladium. FOTO: BRILL

Foto: Thomas Brill

Rund fünf Monate nach dem Start der „Reinrassije Strooßekööter“-Tour geben Wolfgang Niedecken und seine Band BAP zum Abschluss „Live und Deutlich“ im ausverkauften Palladium vor den heimischen Fans nochmals alles. Wer bislang glaubte, der 67-jährige Sänger und Liederschreiber würde nach seinem Schlaganfall 2011 seine schon „verdamp lang düürende“ Karriere langsam auslaufen lassen, wurde eindrucksvoll eines Besseren belehrt. Mit einer Kondition für gut drei Konzertstunden schöpft Niedecken mit seiner neunköpfigen Band nicht nur aus dem immensen Lied-Fundus aus 14 Alben aus fünf Dekaden, sondern präsentiert diesen auch noch mit erstaunlich frisch klingender Spielfreude.

Ohrenbetäubender Jubel empfängt das Kölsch-Rock-Aushängeschild und seine Band. Mit „Drei Wünsche frei“ startet das Konzert, und schon früh zeigt sich bei dem bestens gelaunten Niedecken, der mit seiner Schlägermütze wie Neil Young auf dessen „Freedom“-Cover aussieht, eine zufriedene Entspannung, so als wären ihm nicht nur drei Wünsche, sondern bereits ganz viele mehr erfüllt worden. Als Souvenir seiner musikalischen Stippvisite in den amerikanischen Süden hat er sich noch einen dreiköpfigen Bläsersatz gegönnt. Und um es gleich vorweg zu sagen, es ist die beste Band, die Niedecken je den Rücken stärkte.

Wunderbar stimmiger Blues

Die Bläser sorgen mit dicken Backen dafür, dass auch Klassiker wie das von Chuck Berry inspirierte „Waschsalon“ auf erheblich höhere Touren kommen, ohne deswegen ins Schleudern zu geraten. Aber es ist nicht nur das soulige Gebläse, auch Geige, Akkordeon, Pedal-Steel oder sogar Waschbrett verwandeln die Niedecken-Lieder in wunderbar stimmige Blues-, Country- oder auch Cajun-Perlen. Das Repertoire umfasst die klingende Familienchronik mit Strooßekööter-Liedern, aber auch selten Gespieltes wie „Jupp“, dessen „sumpfige“ Schwermut an den jüngst verstorbenen Swamp-Rocker Tony Joe White erinnert. Die Schwermut überträgt sich dann leider auf die FC-Fans, die gerade von der Elfmeter-Niederlage im Pokalspiel gegen Schalke erfahren haben. „Dann könne mer uns jetzt auf den Aufstieg konzentriere“, so Niedeckens gelassener Sport-Kommentar.

Niedecken hat mit viel musikalischem Feingefühl einen Bogen vom Chlodwigplatz ins French Quarter geschlagen. Er hat aus dem klanglichen Schmelztiegel von New Orleans reichlich bluesig scharfe Sound-Soße abgeschöpft und somit seinem über lange Zeit etwas bieder geschrammelten Kölsch-Rock mehr feurigen Geschmack verpasst. Geblieben ist seine Art, gesellschaftliche Entwicklungen ohne parteipolitische Scheuklappen zu beobachten und musikalisch zu kommentieren. Dabei haben Lieder wie „Kristallnaach“ oder „Arsch huh, Zäng ussenander“ in erschreckender Weise nichts von ihrer politischen Relevanz verloren. Trotz diverser mehr oder weniger deutlich hervorstechender musikalischer Anleihen bei Vorbildern von Dylan über Young bis Springsteen wirkt Niedecken auf seine Art authentisch. Das verbindet ihn mit seinen Fans, die ihm nunmehr bereits seit über 40 Jahren zujubeln.

Das als Tourabschluss angekündigte Konzert, das übrigens als Live-Mitschnitt veröffentlicht wird, läutet jedoch nur eine Pause ein. Im kommenden Sommer hinterlässt der Strooßekööter noch auf einigen Open-Air-Geländen, darunter am 16. August 2019 auf dem KunstRasen in Bonn, seine Duftmarke.

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