Sonderpreis für Hugo Egon Balder Prix Pantheon 2018 geht an Tahnee und Herr Schröder

Ein Überraschungssieger und eine allgegenwärtige Spaßmacherin: Beim Prix Pantheon 2018 sahnen Hugo Egon Balder, Herr Schröder und Tahnee ab. Und irgendwie ist auch Hella von Sinnen mit dabei.

 Die Preisträger: (v. l.): Herr Schröder, Tahnee und Hugo Egon Balder mit Moderator Tobias Mann.

Die Preisträger: (v. l.): Herr Schröder, Tahnee und Hugo Egon Balder mit Moderator Tobias Mann.

Foto: Kirsch

Sie trägt Overall, die wasserstoffblond gefärbten, kurzen Haare eng am Kopf und streng aus dem Gesicht. Das ist schließlich für extensive Grimassen reserviert, begleitet von einem aufgeräumt-aufmunternden „Tschaka Tschaka“. Die einen dürften Fernsehmoderatorin und Komikerin Hella von Sinnen anhand dieser Kurzbeschreibung längst erkannt haben. Allen anderen sei gesagt, dass sie – erstens – gemeinsam mit dem Preisträger 2018 in der Kategorie „Reif und Bekloppt“ 1988 mit der Comedy-Spielshow „Alles Nichts Oder?!“ auf Sendung ging. Und dass sie – zweitens – ebenso wie die frisch mit den Attributen „Frühreif & Verdorben“ ausgezeichnete Jurypreisträgerin Tahnee auf Frauen steht.

So könnte man sagen, dass Frau von Sinnen beim Finale des Prix Pantheon 2018 irgendwie dabei war, wenn auch nicht physisch. Dafür hielt immerhin ein anderer – unter anderem beim selben Privatsender aktiver – Comedian mit annähernd derselben Haarfarbe die Laudatio auf den Sonderpreisträger: Guido Cantz überreichte die unverwechselbar eckige Trophäe mit dem stilisierten Pantheon-Logo an Hugo Egon Balder.

Und wer den Fernsehmoderator und Fernsehproduzenten, den Musiker (unter anderem Gründungsmitglied der Krautrockband „Birth Control“), den Schauspieler und Kabarettisten allein auf Formate wie „Tutti Frutti“ reduzieren wollte, täte ihm damit bitter Unrecht. Nicht nur, weil eben die aus dem italienischen Fernsehen „entliehene“ schlüpfrig-trashige Spielshow bis heute unter hartnäckigem Satireverdacht steht. Nicht nur, weil – wie Cantz süffisant hinzufügte – die dort vergebenen Länderpunkte auch als klares Bekenntnis zu Europa verstanden werden sollten.

Sondern und vor vor allem, weil Balder mit sicherem Blick für wirkliches Talent junge Kollegen wie Carolin Kebekus und bereits genanntem Herrn Cantz gefördert hat. Oder auch, weil er sich mit Kreativität, einer guten und erfrischenden Prise Verrücktheit und eben solcher unbeirrbarer Hartnäckigkeit für die 2004 mit dem Deutschen Fernsehpreis ausgezeichnete Quiz Show „Genial daneben“ stark gemacht hat. Und weil sein dezentes, unprätentiöses und augenzwinkerndes Auftreten im Pantheon mit einer am Flügel interpretierten Autobiografie in Steno ihm – und zwar ganz zu Recht! – einige neue Sympathien eingetragen haben dürfte.

Für Wilfried Schmickler indes war sein Auftritt beim Prix Pantheon-Finale ein weiteres Heimspiel auf der von ihm seit Jahr und Tag geschätzten Bühne. Stehe sie nun am Bundeskanzlerplatz oder inzwischen in Beuel. Auch wenn die von ihm angeschlagenen direkt politischen Töne beim Prix Pantheon 2018 eher die Ausnahme geblieben sind. In einem Wettbewerb, der sich treffender mit „Das Politische im Privaten“ überschreiben ließe.

So jedenfalls steht es in der Begründung des fünfköpfigen Fachgremiums unter Vorsitz der Jurypräsidentin Susanne Pätzold für Tahnee. Sie setze auch ohne Overall, Kurzhaarfrisur und Tschaka Tschaka Akzente. Thematisch und stilistisch erinnern diese von Augenblick zu Augenblick an Kolleginnen wie Kebekus oder Eckhart.

Letztere ist heuer eigens zum Finale angereist, um das Publikum als Gast-Star daran zu erinnern, warum sie und keine andere 2017 den Preis der Jury mit nach Hause genommen hat. Die 1992 in Leoben, in der österreichischen Steiermark geborene Blonde mit Gardemaß gewinnt der #MeToo-Debatte mit Blick auf Harvey Weinstein, Roman Polanski und Woody Allen einerseits sowie Morgan Freeman und dem Homosexuellen Kevin Spacey nahezu philosophische Dimensionen ab: „Was, wenn die Unantastbaren beginnen, andere anzutasten? Da kennt sich doch kein Mensch mehr aus.“

Um an- und abschließend zur eigentlichen Überraschung des Abends zu kommen. Denn dass ausgerechnet Herr Schröder zum Publikumsliebling gekürt werden würde und sich fortan des Prädikats „Beklatscht & Ausgebuht“ rühmen darf, hätte nach dem eher durchwachsenen Auftritt beim Halbfinale so auch nicht jeder auf der Rechnung gehabt.

Dazu ist erstens zu sagen, dass sich Johannes Schröder am Finaltag deutlich gesteigert hat und dass sich seine Bühnenfigur durchaus als Sympathieträger eignet. Kabarettist mit pädagogischem Frustrationshinterrund, einst Lehrer, nun Lehrerdarsteller in der von ihm eigens kreierten „World of Lehrkraft“. Höchstwahrscheinlich ein herber Verlust für die Schüler, aber andererseits ein interessanter Zuwachs auf deutschen Kabarettbühnen. Wie interessant, wird sich spätestens bei der Bonner „Unterrichtsstunde“ im Pantheon am 13. April 2019 zeigen.

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