Lennart Schilgen im Pantheon in Bonn Protestsongs gegen das Unvermeidliche

Bonn · Der Liedermacher und Prix-Pantheon-Preisträger Lennart Schilgen wehrt sich gegen die Tyrannei der Erwartungen. Der Kampf gegen Windmühlen, erweist sich bei seinem Auftritt in Bonn, kann ziemlich unterhaltsam sein. Und dann ist da noch die Sache mit Reinhard Mey.

Ein Mann der durchaus leisen Töne: Lennart Schilgen.

Ein Mann der durchaus leisen Töne: Lennart Schilgen.

Foto: Thomas Kölsch

Es gibt Dinge, die kann man nicht ändern. Weniger, als in der Regel behauptet wird, aber auch mehr, als einem lieb ist. Doch nur weil etwas unvermeidbar scheint, kann man trotzdem dagegen aufbegehren. Oder zumindest dagegen ansingen. So wie Lennart Schilgen: Der Liedermacher und Prix-Pantheon-Jurypreisträger nimmt in seinem aktuellen Programm „Verklärungsbedarf“ bereitwillig den Kampf gegen die Windmühlen auf, gegen die Entschlossenheit, Erwartungshaltungen und das permanente Streben nach Neuem. „Warum ein neues Jahr, mir reicht das letzte noch“, säuselt er mit sanfter, fast schon schüchterner Stimme und trifft damit in der Pantheon-Lounge ganz den Ton des Publikums. Ein bisschen Pessimismus kommt eben an. Er muss nur richtig verpackt sein.

Der 34-Jährige ist keine Rampensau

Leicht hat es Schilgen allerdings nicht, trotz eines ihm gewogenen Publikums. Der 34-Jährige ist nun einmal kein Alphamännchen, keine Rampensau, kein Energiebündel und erst recht kein strahlender Held mit Lyra und Dichterkranz, der mutig den Ungerechtigkeiten dieser Welt begegnet. Nein, Schillgen ist eher leise, zurückhaltend, vorsichtig. Und herrlich schwarzhumorig. In „Ich lass es nur geschehn“ kritisiert er zum Beispiel seine eigene Passivität und agiert dabei stellvertretend für all jene Menschen, die nicht um ihre Existenz kämpfen müssen. „Ich muss nicht andere ausbeuten, das geschieht von ganz allein“, singt er. Wieder so eine Ungerechtigkeit, auf die man als Einzelner keinen Einfluss hat. Oder vielleicht doch? Nicht alleine, aber gemeinsam? Wer weiß. Aber ausprobieren könnte man das ja mal.

Die Sache mit Reinhard Mey

Doch Schillgen ist nicht nur hintersinnig sozialkritisch, sondern wird auch privat. So offenbart er, dass er Reinhard Meys „Ich wollte wie Orpheus singen“ nicht länger parodieren darf, wohl aber den Sänger selbst („Am Tag, an dem ich Post von Reinhard Meys Anwalt bekam“), was ihm meisterhaft gelingt. Dazu besingt er mal mit Gitarre und mal am Klavier sein Außenseiterdasein auf Partys, die eigene Selbstzerfleischung und einen norddeutschen Windpark, was dank seines Talents für schöne Melodien und noch schönere Texte ein weiterer Höhepunkt des Abends wird. Klingt seltsam, ist aber so. Bleibt zu hoffen, dass beim nächsten Mal auch der große Saal des Pantheons voll wird. Verdient hatte Lennart Schilgen dies.

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