Giacomo Puccini Rauschhafte Leidenschaft in der Bonner Oper

Bonn · Giacomo Puccinis Einakter „Gianni Schicchi“ und „Il Tabarro“ werden halbszenisch beim traditionellen Neujahrskonzert in der Bonner Oper aufgeführt.

 Es geht zu Ende: Große Oper in ausgezeichneter Besetzung beim Bonner Neujahrskonzert. FOTO: THILO BEU

Es geht zu Ende: Große Oper in ausgezeichneter Besetzung beim Bonner Neujahrskonzert. FOTO: THILO BEU

Foto: Beu

Zwei Drittel ergeben nicht ein Ganzes, zumindest im mathematischen Sinne. Dass die Rechnung gleichwohl aufgehen kann, zeigte das Neujahrskonzert der Bonner Oper, das in diesem Jahr zwei Einakter bot: mit „Gianni Schicchi“ und „Il Tabarro“ gab es zwei der drei Stücke des sogenannten „Trittico“ von Giacomo Puccini, die rührselige Geschichte der „Suor Angelica“ wurde gestrichen. Was nicht weiter schlimm war, ist die einzige Gemeinsamkeit der drei Einakter doch ohnehin, dass sie keine haben. Abendfüllend ist der vermeintliche Torso sowieso und nach zwei dramaturgisch wie musikalisch ungeheuer dichten Einaktern mit einem Schelmenstück und einem Eifersuchtsdrama ist man ohnehin so gesättigt mit bereichernden Eindrücken, dass man guten Gewissens feststellen kann: eine runde Sache ist es auch so.

An diesem Abend kommt hinzu, dass man sich nicht wie sonst beim Neujahrskonzert auf eine steife konzertante Darbietung beschränkte, sondern halbszenisch arbeitete. Mark Daniel Hirsch hat hierzu ein Regie- und Raumkonzept entwickelt, dass sich auf das Nötigste beschränkt, aber dennoch vielsagend genug ist, um die Dramaturgie zu verdichten. Mit zwei Einschränkungen: Bevor bei „Gianni Schicchi“ der erste Ton erklingt wird die wie Aasgeier auf das Ableben von Buoso Donati wartende Verwandtschaft treffend karikiert, allerdings zieht sich diese vorab gespielte Szene etwas in die Länge. Und die Möglichkeiten der riesigen Projektionsfläche über dem auf der Hinterbühne platzierten Beethoven Orchester bleiben weitgehend ungenutzt. Dort ist nur ein im ersten Teil grünes, im zweiten blaues Porträt Puccinis zu sehen, das – kleiner Gag am Rande – in manchen Szenen die Augen schließt.

Im Ensemble sind durchweg alle Partien hervorragend besetzt

Die Protagonisten spielen auf einer rechteckigen Fläche aus Leuchtelementen mit nur wenigen Requisiten als szenische Andeutungen. Und dennoch gelingt es Hirsch, nicht zuletzt dank einer klugen Personenführung und der ausgezeichneten Darsteller das wesentliche Moment beider Einakter herauszuarbeiten. Auch musikalisch ist der Abend ein Gewinn. Vor allem Renatus Mészár als Gianni sowie Sumi Hwang als Lauretta und Christian Georg als ihr Liebster Rinuccio singen und spielen im ersten Teil herausragend. Sonst Mitglied des Kinderchores am Theater, liefert Maximilian Teschner seinen kurzen aber nicht unwichtigen Part als Gherardino punktgenau ab. Im Bonner Ensemble sind durchweg alle Partien hervorragend besetzt, der Gesamteindruck ist absolut stimmig.

„Il Tabarro“ besticht dramaturgisch wie musikalisch vor allem durch eine zunehmende Verdichtung. Hirsch verdeutlicht die wachsende Entfremdung des Schiffers Michele (herausragend: Mark Morouse) und seiner sich zunehmend von ihm distanzierenden Frau Giorgetta (wunderbar unnahbar: Yannick-Muriel Noah) mit viel psychologischem Raffinement. Wenn am Ende der tote Liebhaber Luigi (schön, aber mit etwas zu viel Stahl in der Stimme: George Oniani) von Michele im Affekt abgemurkst wird, ist das der folgerichtige Kulminationspunkt einer langen Entwicklung.

Last but not least: das Beethoven Orchester. Das läuft unter der Leitung von Jacques Lacombe zu großer Form auf. Seine Aufgabe wird durch die Platzierung hinter den Sängern zwar nicht einfacher, aber Lacombe hat alle Fäden mit großer Entschiedenheit und einem steten Blick für Details im Griff. Das sich zu rauschhafter Leidenschaftlichkeit aufschwingende Finale des zweiten Teiles geht insbesondere auf das Konto des ausgezeichneten Orchesters.

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