Bonner Theaternacht 122 Produktionen an 30 Veranstaltungsorten

BONN · Die Bonner Theaternacht war eine bunter Mix aus städtischem Theater und freier Szene, verbunden mit teilweise langen Wartezeiten. Vor allem die kleinen Bühnen, die zwischen 19 und 23 Uhr öffneten, platzten angesichts der vielen Besucher aus allen Nähten.

 Romeo trägt Julia in der Bonner Oper auf Händen.

Romeo trägt Julia in der Bonner Oper auf Händen.

Foto: Ottersbach

Auf Warteschlangen musste man sich einstellen. An mehr als 30 Veranstaltungsorten in Bonn, Beuel und Bad Godesberg gab es insgesamt 122 Produktionen zu sehen.

Fabrik 45

Als "Theater at home" spielen Sabrina Caramanna, Eva Marianne Kraiss und Anne Scherliess sonst in heimischen Wohnzimmer. Die Fabrik 45 machten sie in der Theaternacht zu einem. Das Trio übernahm in den Klassikern Dracula oder der Glöckner von Notre Dame unzählige Rollen. Die Stücke gewannen dadurch unwillkürlich an Komik.

Denn wenn im ersten Moment zwei schaurige Kutscher auf einem Tisch als fahrbaren Untersatz über die Bühne hüpfen und in Sekundenbruchteilen zu einem verliebten Pärchen auf eine feine britische Parkbank wechseln, kann das nur völlig absurd aussehen.

Euro Theater Central

Ob der angetrunkene Ire auf dem Stuhl vor einem nun ein guter oder ein böser Dieb ist, dazwischen musste sich das Publikum binnen 20 Minuten im Euro Theater Central entscheiden. Hauptdarsteller Gernot Schmidt hatte das Stück von 115 auf 20 Minuten gekürzt und lieferte nur einen kurzen Anspieler ab.

In einem packenden Monolog erzählte er auf einer winzigen Bühne, die einen geradezu an seine Lippen fesselte, wie er Häuser anzündete und auf Menschen schoss - aber nur, um zu warnen. Außerdem musste er die Aufträge ja ausführen.

Oper

Auch wenn Choreograph Mats Ek aus Romea und Julia den Zweiakter "Julia und Romeo" gemacht hatte, blieb die ausverkaufte, fast zweieinhalbstündige Aufführung des mehr als 240 Jahre alten Royal Swedish Ballet in der Bonner Oper eine Tragödie, in der die Liebe triumphiert, indem sie unterliegt. Anstatt zu der etablierten Musik von Prokofjew tanzten die Darsteller zu Musik von Tschaikowsky. Und sogar Shakespeare blieb außen vor: Denn es gab keinen Text, nur die blanke Liebesgeschichte blieb.

Anno Tubac

Flo, Terry, Jo und Jerry sind bereit für den Abend: Das "Käppi" sitzt, das Deo hält noch durch, Geld und Kondome stecken in der Hosentasche. Die "Bouncers", das sind Holger Krämer, Christoph Hammer, Christoph Rutsch und Christian Schäfer, "brezelten" sich auf der Bühne des Theaters im Anno Tubac ordentlich auf für die anstehende Disconacht.

"Der Freitag ist gekommen, die Arbeit ist gemacht, der Alltagsmuff verschwindet, die Partylust erwacht", freuten sich die vier Jungs auf die Nacht. Doch bevor sie sich mit Mädels amüsieren konnten, mussten sie erst einmal an den Türstehern vorbei. Und das ist gar nicht so einfach. Die "Bouncers" gaben im Anno Tubac einen Vorgeschmack auf ihr neues Bühnenprogramm, das sie ab Herbst präsentieren werden.

Beueler Brotfabrik

Bereits um kurz nach sieben ist viel los in Beuel: Vor dem jungen Theater Bonn hat sich eine Schlange gebildet um "Tschick", ein Stück nach Wolfgang Herrndorfs gleichnamigem Roman zu sehen. Gleich nebenan ist auch das Nähcafé Mr. & Mrs. gut besucht, wo die Improvisations-Show: Les-Bon(n)Mots - zwischen den Welten zu sehen ist.

Gegen neun wird es dann richtig voll: Zum Schauspielgelände sind Swantje, Marius, Elisabeth und Yonas von der Fabrik 45 herüber nach Beuel gekommen. In der Probebühne 5 wollen die Studenten aus Bonn zur Tanzkompanie Bo Komplex. Dort erlebten sie einen ganz besonderen Einblick in die Entstehung und Entwicklung einer Choreographie.

Rollende Bühne

Im alten Schweizer Postbus ging es von der Bonner Oper über den Marktplatz bis vor das Kanzleramt im Regierungsviertel. Anstatt einer Linie stand nur "geheime Dienstfahrt" auf der Anzeigetafel. Thema war die Spionage in Bonn, vor allem in den 1970er Jahren.

So führten zwei Agenten einen Russen ab, der sich unter den Fahrgästen befand, noch bevor der "Schwyzer Poschti" überhaupt seine Fahrt beginnen konnten. Halt machte er auch am berüchtigten Spionagetreffpunkt Café Müller-Langhardt.

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