"Traces" in Köln 90 Minuten vibrierende Energie

"Traces", 2002 im kanadischen Montreal gegründet, ist eine zeitgenössische Form zirzensischer Akrobatik, die durchsetzt ist mit Elementen der Street- und Großstadtkultur.

Das Stillsitzen ist ihm schon als Kind schwergefallen. Stundenlang vor dem Fernseher abhängen, das war nichts für den quirligen Xia Zhengqi.

Viel besser fühlte er sich im Internat mit angeschlossener Zirkusschule aufgehoben, in der er sich austoben konnte. Kein Tag ist seither ohne hartes Training vergangen, doch etwas anderes als seinen jetzigen Job kann sich der junge Chinese ohnehin nicht vorstellen.

Ganz ähnlich erging es den übrigen sechs Akteuren, die ihre künstlerische Heimat bei einer Kompagnie mit Namen "Les 7 Doigts de la Main" (Die sieben Finger einer Hand) haben. Sechs Männer und eine Frau wirken in der Show "Traces" mit, die im August im Sommerprogramm der Philharmonie zu sehen ist.

"Traces", 2002 im kanadischen Montreal gegründet, ist eine zeitgenössische Form zirzensischer Akrobatik, die durchsetzt ist mit Elementen der Street- und Großstadtkultur. Dynamisch-sportive Körperkunst wird mit virtuoser Jonglage, Skateboarding, Ballspiel und Tanz verbunden - das Ergebnis sind 90 Minuten voll vibrierender Energie, in denen der Adrenalinspiegel des Publikums von Nummer zu Nummer steigt.

Alle Mitwirkenden haben jahrelange Zirkus-Erfahrung. Valérie, dem grazilen Leichtgewicht, merkt man die zusätzliche Ballettausbildung an. Sie wollte nach Auftritten in verschiedenen Kabaretts unbedingt bei "Traces" mitmachen, ebenso wie der weltgewandte LJ, der sich als Street- und Hiphop-Tänzer einen Namen gemacht hat.

Bewundernde Blicke auf seine Muskelpakete quittiert Mathieu Clouthier, der sich in der Zirkusschule von Quebec auf Akrobatik, Rollschuhe und Diabolo-Jonglage spezialisiert hat, mit einem lässigen Schulterzucken. "Das kommt vom täglichen Training", meint der Kanadier, der außerdem gern Gitarre spielt. Philipps Stärken liegen bei Schleuderbrett- und Trampolinspringen, während Mason die "Hand-zu-Hand"-Akrobatik perfekt beherrscht.

"Traces" gibt ihnen die Möglichkeit, ihre ganz persönlichen Fähigkeiten und Charaktereigenschaften in den Mittelpunkt zu stellen und zugleich Teil einer Show zu sein, in der viele verschiedene Bestandteile nahtlos ineinander greifen. Shana Carroll, früher Trapezkünstlerin beim Cirque du Soleil, ist Gründungsmitglied von "Les 7 Doigts de la Main", einer Truppe, die sich 2002 zusammengefunden hat, um moderne, temporeiche Shows zu entwickeln, die die Grenzen der klassischen Akrobatik sprengen.

In Zusammenarbeit mit Gypsy Snider hat sie die Show entwickelt, in der sich große Ensemblenummern und intime Soli abwechseln, dabei gibt es neben rasanten Nummern immer wieder überraschend emotionale Momente. Schauplatz ist ein schmuddeliges Kellerloch, in dem sieben Personen Unterschlupf finden, während draußen eine ungenannte Katastrophe wütet.

In ihren vermeintlich letzten Stunden verausgaben sie sich, als gäbe es kein Morgen mehr. "Die Botschaft des Stücks ist, dass schöpferisch zu sein das einzige Mittel gegen die Zerstörung ist", erklärt Shana Carroll, "man geht raus und fühlt sich energiegeladen, elektrisiert, motiviert".

In einer furiosen Performance fahren die Akteure, begleitet von einem elektrisierenden Soundtrack und einer ausgeklügelten Lichtregie, auf, was ihnen an tänzerischen und akrobatischen Möglichkeiten zu Gebote steht. In Sprechpassagen im Facebook-Stil stellen sie sich außerdem mit ihren ganz persönlichen Schwächen und Stärken vor. "So entsteht eine enge Beziehung zwischen den Künstlern und dem Publikum", stellt die Regisseurin fest.

Trotz waghalsiger Sprünge und nervenkitzelnden Balanceakten behält man das menschliche Maß im Auge: "Es darf auch mal was schief gehen", versichert Carrol. Was durchaus mal passiert, wenn die Artisten übereinander purzeln und fliegen, durch Reifen springen, auf dem Skateboard tanzen, sich Stühle zuwerfen und vieles mehr machen, was man eigentlich nicht für möglich halten würde.

Traces. 6.-11.August, Di-Fr 20 Uhr, Sa 15 und 20 Uhr, So 15 und 19 Uhr. Infos: www.koelnersommerfestival.de, Karten gibt es in den Bonnticket-Shops der GA-ZWeigstellen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Neue Musik zwischen Wohnwagen
Beethoven Orchester im BaseCamp Neue Musik zwischen Wohnwagen
Zum Thema
Ein Porträt Venedigs am Piano
Iiro Rantala und Fiona Grond beim Jazzfest Ein Porträt Venedigs am Piano
Aus dem Ressort