Sinfonische Großwerke Abschied mit Pfitzner

BONN · Ein König könne nur gut regieren, wenn der Staat funktioniere, sagte Stefan Blunier gestern bei der Programmvorstellung seiner letzten Saison mit dem Beethoven Orchester Bonn.

 Baiba Skride (oben) spielt in der nächsten Saison den Violinpart in Beethovens Tripelkonzert.

Baiba Skride (oben) spielt in der nächsten Saison den Violinpart in Beethovens Tripelkonzert.

Foto: BORGGREVE/HAGEN

Das war als Kompliment und Dank gemeint an das Orchester und dessen Management. Tatsächlich hat Blunier das Bonner Ensemble zu einer echten künstlerischen Blüte geführt, die das lokale Publikum zuletzt mit einer 92-prozentigen Auslastung bei den Freitagskonzerten dankte, die Jury des Klassik-Echo mit zwei Trophäen für die Operneinspielungen "Irrelohe" und "Der Golem" und die Zuhörer bei Gastspielen und internationalen Tourneen mit begeistertem Applaus. "Es ist schon fast ein Wunder, dass nach acht Jahren immer noch eine so große Musizierlust da ist", sagte Blunier gestern in der Beethovenhalle. Das will er in der kommenden Saison ein letztes Mal ausschöpfen.

Mit Richard Strauss' monumentaler musikalischer Gipfelbesteigung namens "Alpensinfonie" hatte Blunier 2008 in Bonn begonnen. Sein Abschied soll kaum leiser ausfallen. "Meine letzten drei Konzerte werden noch einmal üppig", versprach er und kündigte nicht nur an, dass er zum ersten Mal überhaupt die Sinfonie Nr. 1 ("Der Titan") von Gustav Mahler dirigieren werde (22. 4. 2016), sondern auch Franz Schmidts groß besetzte Sinfonie Nr. 2 (13.5. 2016) und zum Finale Hans Pfitzners romantische Eichendorff-Kantate "Von deutscher Seele" (8.7. 2016), die "nichts mit Deutschtümelei zu tun hat", findet Blunier. "Ich wusste lange nicht, womit ich aufhören sollte", erläuterte Blunier die ungewöhnliche Programmwahl für sein Bonner Abschiedskonzert. Er habe mit Mahlers Neunter geliebäugelt, aber die langsam verlöschende Musik des letzten Satzes sei denn doch zu pathetisch.

Gespielt wird sie aber gleichwohl. Zur Eröffnung der Gustav Mahler Festwochen in Südtirol am 16. Juli. Ein guter Grund, dann nach Südtirol zu pilgern. Die einmal für 2016 avisierte große USA-Tournee hingegen wurde gestrichen, wohl, weil es zu große organisatorische Probleme gab, wie Blunier im Anschluss an die Pressekonferenz sagte.

Die Sonntagsmatineen in der letzten Blunier-Saison heißen in der kommenden Saison "Beethoven-Akademie um 11", was den Vorteil hat, dass der laufende CD-Zyklus zu einem guten Ende geführt werden kann. Eröffnet wird er am 23. 8. 2015 unter Leitung von Eun Sun Kim, die lauter "Erste" dirigiert: Leonore I, Klavierkonzert Nr. 1 (Solist: Alexander Schimpf) sowie die Sinfonie Nr. 1. Für das Tripelkonzert, das zusammen mit der Prometheus-Ouvertüre und der Siebten in der letzten der vier Matineen am 5. Juni 2016 erklingt, versammelt Blunier mit Lauma (Klavier) und Baiba Skride (Violine) sowie Daniel Müller Schott (Violoncello) ein exquisites Solisten-Ensemble um sich.

Gleiches gilt für die lange Beethoven-Nacht am 16. Dezember, wo unter anderem die neunte Sinfonie erklingen wird mit Solisten wie Johan Botha und Georg Zeppenfeld. Eher ungewohnte musikalische Welten erschließen die Musiker des Beethoven Orchesters in den "BOB goes..."-Konzerten: Am 29. August spielen sie unter Leitung von Eckehard Stier Arrangements sinfonischer Computerspielemusik der "Final Fantasy"-Komponisten Nobuo Uematsu und Masashi Hamauzu.

Seit dem 1. Mai ist die Veranstaltung im Vorverkauf, 1200 Karten seien schon weg, sagte Orchesterdirektor Michael Horn. Man muss sich also beeilen. Bei "BOB goes India" darf man sich am 25. Juni 2016 Mantras, Ragas und "Best of Bollywood" hingeben. Außerdem dirigiert Stefan Blunier das "Concerto for Sitar and Orchestra" von Ravi Shankar. Solistin ist dessen Tochter Anoushkar Shankar.

Das Angebot an Kammermusik wird in der kommenden Saison ein letztes Mal unvermindert reich ausfallen, bevor in der übernächsten Spielzeit die Reihen eingespart werden. Höhepunkte sind etwa Konzerte mit Nils Mönkemeyer (Bratsche) und William Youn (Klavier) im Kanzlerbungalow oder Alisa Weilerstein (Violoncello) und Inon Barnatan (Klavier) im Beethoven-Haus, wo auch Louis Lortie einen Klavierabend geben wird und Albrecht Meyer die Oboe bläst.

Das von der Konzertpädagogin Christine Lauter verantwortete Education-Programm "Bobbys Classic" bietet nicht nur die vier Familienkonzerte an, sondern präsentiert im Rahmen der ebenfalls vier Kinderkonzerte mit "Herrn Gruszkas Traum" sogar eine echte Uraufführung, an der neben dem Beethoven Orchester Kinder von vier Bonner Grundschulen beteiligt sind.

Vor der ersten Saison nach Bluniers Abschied, mit deren Planung eigentlich längst begonnen werden müsste, stehen noch einige große Fragezeichen. Jürgen Nimptsch, der als Stadtoberhaupt und Schirmherr an der Saisonvorstellung teilnahm, sagte zur GMD-Nachfolge: "Ich bin nicht so vermessen zu sagen, dass noch in meiner Amtszeit eine Entscheidung fallen wird."

Informationen zu den Programmen und dem Vorverkauf gibt es in der Saisonbroschüre und im Internet auf der neu gestalteten Homepage unter www.beethoven-orchester.de

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