Acht Beine laufen im Alten Malersaal Amok

Die Premiere der Kinder- und Jugendoper "Die schwarze Spinne" vereinigt komische und berührende Elemente und entführt den Zuschauer 75 Minuten in eine fremde Welt.

  Magische Bilder:  Szene aus der "schwarzen Spinne" im Alten Malersaal.

Magische Bilder: Szene aus der "schwarzen Spinne" im Alten Malersaal.

Foto: Lilian Szokody

Bonn. Sesam, öffne dich", sprach der Generalintendant Klaus Weise, und das Publikum betrat den Alten Malersaal auf dem Gelände der Halle Beuel. Den Saal hatte die Bühnenbildnerin Uta Heiseke in eine graue polnische Kathedrale verwandelt.

Weihrauch stieg auf, und mönchischer Singsang erklang. Bevor es losging mit der Kinder- und Jugendoper "Die schwarze Spinne" von Judith Weir und Benjamin Gordon, wurden wir informiert, dass die Zuschauerbänke genau in der Mitte der Spielfläche aufgebaut waren.

Bei Bedarf müssen sich die Zuschauer "komplett um 180 Grad drehen". Das klappte gut.

Weirs Oper nach Jeremias Gotthelfs Novelle und einem Artikel des englischen Journalisten Roger Boyes in der "Times" spielt 1492 in Krakau und gleichzeitig in der Gegenwart.

Tickets Karten in den GA-ZweigstellenKurz gesagt, wird wieder einmal ein in unzähligen Filmen und Gruft-Gruselgeschichten erfolgreiches Motiv variiert. Wer ein Grab öffnet, spielt mit dem Feuer. In diesem Fall mit der schwarzen Spinne, die sowohl 1492 als auch heute Unheil über die Menschen bringt; im schlimmsten Fall sterben sie.

Die Oper beginnt mit Leibeigenen-Fron anno 1492. Ein ganzes Dorf muss Bäume schleppen, um eine Laune des Grafen Heinrich zu befriedigen. Stella Kohen stellte den Edelmann dar wie einen entfernten polnischen Verwandten von Darth Vader; zu anderen Terminen übernimmt Arnold Trautwein die Rolle.

Christine (Kristina Fedotova, die mit viel Gefühl sang, teilt sich den Part mit Nasrin Ibrahim) geht einen Pakt mit dem grünen Jäger (Lewon Sargisian/Carina Schwarzenberg) ein, um die Arbeit schneller zu bewältigen. Auch das ist keine gute Idee.

Der Jäger, der aussieht wie ein unter den Bus geratener Gruftie (Kostüme: Dieter Hauber), hat Macht über die todbringende Spinne. Diese Macht spielt er aus. Am Ende lernen wir, dass schnelle, scheinbar einfache Lösungen nicht immer funktionieren, und dass Solidarität unter den Menschen stärker ist als dunkle Magie.

Zum Schluss jubiliert die Musik, das Orchester der Jungen Oper Bonn spielt das Happy End herbei. Sibylle Wagner, die gemeinsam mit Ekaterina Klewitz die musikalische Leitung innehat, dirigierte bei der Premiere temperamentvoll und präzise. Alles, was Sibylle Wagner anfasst, verwandelt sich in Gold.

Ihre Musiker und die jungen Sänger vermittelten die Spannung und den Humor der Oper. Weirs Musik, eine Melange aus romantisierendem Opern-Pathos, Chorälen, Kinderliedern und atonalen Effekten, aus ein bisschen Weill und einem Hauch Wiener Schmäh, spiegelte das Drama. Mark Daniel Hirschs Inszenierung besitzt viel von der Schwarz-Weiß-Magie des Stummfilms, und die Musik liefert das Echo der Bilder.

Hirsch hat eine Vision davon, Fantasy und Volksstück, Thriller und Lovestory miteinander zu vereinen. "Die kleine Spinne läuft Amok", heißt es einmal. Wenn sie auftritt, kreischen die Sänger lauter als die Möwen in Hitchcocks "Die Vögel".

Sibylle Wagner und Ekaterina Klewitz haben mit dem großen Kinder- und Jugendchor eine vergnügliche, inspirierende, spannende Musiktheater-Aufführung erarbeitet. Den Sinn der gesungenen Zeilen musste man manchmal erfühlen, er teilte sich nicht immer unmittelbar mit, für die gesprochenen Theaterdialoge war man dankbar.

Caprice (Alina Plein/Isabella Walberer) war unwiderstehlich: komisch und berührend in einem. Die 75 Minuten im Alten Malersaal mit Caprice und Kollegen machen richtig Spaß.

Die nächsten Aufführungen: 10., 20., 21. und 27. März, 10., 17., 18., 24. und 25. April.

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