Chansonprogramm Adrienne Haan zu Gast im Pantheon

BONN · Zugegeben, ein Blick in Adrienne Haans Atlas könnte interessant sein: Wie weit reicht dort Berlin? Von Paris über den großen Teich bis nach New York?

Wobei eine gewisse "Weltläufigkeit" bei einem Chansonprogramm ja kein Fehler ist - im Gegenteil. Aber den Titel des Abends "Berlin, Mon Amour" lege man bitte nicht allzu kleinlich aus. Und solche Großzügigkeit soll belohnt werden.

Denn die an der American Academy of Dramatic Arts in Manhattan ausgebildete Chanson- und Musicalsängerin kann leidenschaftlich schmettern wie die Piaf, im Liebesschmerz zergehen wie Jacques Brel und kess den Zylinder lupfen wie einst die Dietrich. Begleitet von der derzeit als Jazzpianistin gefeierten Laia Genc.

Adrienne Haan hat diese von der New York Times benannte Mischung aus "weiblichem Glamour und männlicher Coolness". Tough wie die "Seeräuber-Jenny" - mehr Brecht geht nicht. Und einen magischen Moment lang ist das Pantheon nicht länger das Pantheon, sondern eine der Berliner Bühnen im Jahr 1929, als die "Dreigroschenoper" ihren Siegeszug durch die Theater Europas antrat - von Wien über Prag nach Budapest.

Haan nimmt die Zuhörer mit ins Warschauer Ghetto, als auf ein Lied oder eine Theateraufführung die Todesstrafe stand. Ein melancholischer Mezzosopran, der einen unwillkürlich eines denken lässt: Mehr davon, bitte noch mehr. Ein retardierendes Moment, das dem Programm gut ansteht, denn die New Yorker Schule, für die Adrienne Haan steht, ist Energie pur. Das mit dem Atlas hatten wir darüber fast vergessen. Weg damit, über Bord. Denn Musik lebt überall und jederzeit.

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